Meine kleine Löwin

Schreie, gefolgt von Schüssen!

So schnell wie sie gekommen sind, verschwanden sie auch wieder im roten Staub von Uganda.

Rebellen waren unterwegs und vernichteten in wenigen Minuten ein ganzes Dorf. Aus dem Hinterhalt nahmen sie einem kleinen Mädchen die ganze Familie. Mutter, Vater, Geschwister, Onkel und Tanten. Niemand überlebte, außer “Peace”!

Einen Tag nach dem Angriff auf die kleine Gemeinde südlich der Stadt Gulu, wurde die 3-Jährige unversehrt in den Büschen gefunden. Zitternd und weinend lag sie hilflos im Gestrüpp. Und wären die Retter nicht gekommen, dann hätte auch sie die Reise ins Jenseits angetreten.

Als ich im Alter von 21 Jahren zur späten Stunde mit einigen Freunden, Wein und guten Gesprächen den Abend genoss, stolperten wir über das Thema “den Schwachen helfen“. Was benötigen Menschen? Wie kann man wirklich helfen? Wie bringt man Hoffnung an Orte die in Trauer versinken? Bei der Anzahl an Bedürftigen auf unserer Welt kann ein Einzelner nicht weit kommen, dachte ich. Doch mich ließ in dieser Nacht der Gedanke nicht los.

So geschah es, dass ich mir die Liste der ärmsten Länder unseres Planeten ansah und mich auf Problem und Ursachenforschung begab. Zu dieser Zeit hatte ich noch keinen blassen Schimmer, dass mich diese Schritte 15 Jahre später noch immer begleiten und ein Teil meines Lebens werden sollten.

Ich fand nicht nur ein Land, in dem meine Energie benötigt wurde. Es war ein bestehendes Projekt, an dem ich mich beteiligen durfte. In Uganda wurden viele Kinder entführt, versklavt, zu Soldaten ausgebildet und der körperlichen, sowie geistigen Freiheit beraubt. Nicht nur der Hungertod sucht diese armen Gebiete auf, Gräueltaten wohin das Auge reicht, obwohl die Menschen die dort leben alles andere als böse sind. Gebt den Kindern im Kindergarten Waffen und ihr werdet sehen, dass es auch für unsere verspielten Schätze, die in ihren Sandkästen mit Bagger und Puppen spielen, dass normalste auf der Welt wird damit zu hantieren.

Deshalb beschloss ich an das Gute im Menschen glauben! Ich bewaffnete mich mit Liebe, Geld, Energie und Zeit und beteiligte mich bei einem Kinderschutzprojekt. Ein sicherer Platz, an dem die Kleinen spielen dürfen, die Möglichkeit auf Bildung genießen, täglich ein warmes Essen erhalten und im Schutz der Organisation Einschlafen. Ohne Ängste wachsen an diesem Ort Diamanten heran, die mit dem vollendeten 18. Lebensjahr über ausreichend finanzielle Mittel verfügen, um sich ihr eigenes Haus zu bauen, Studieren zu gehen, den Fängen herrschender Männer zu entfliehen und sich ihr eigenes Lebensglück gestalten können.

„Peace,“ so heißt meine kleine Löwin aus dem Gebüsch. Wie sicher kann sicher sein, denn während ich diese Zeilen schreibe, schieben sich Wolken vor die Sonne und auch jetzt fallen wieder Schüsse!