Es ist Sonntag am frühen Morgen und ich treffe bereits die ersten Vorbereitungen für unser Mittagessen. Diesmal mache ich zuallererst einen Vanillepudding, dann gebe ich 3 Eier in eine Glasschüssel und schlage mit Zucker die Eimasse schaumig. Das ist der Trick, den mir meine verstorbene Mutter beigebracht hat: schnell Mehl sieben und mit Backpulver vermischen, alles vorsichtig drunterheben und dann ab in den Backofen. Nach 20 Minuten ist er fertig, jetzt kann er auskühlen.
Während ich die Zutaten für den Stefaniebraten herrichte, nämlich Faschiertes, eingeweichte Semmeln, Eier, geröstete Zwiebeln, Petersilie sowie Salz, Muskatnuss und Pfeffer, kreisen meine Gedanken um Mutti, die eine begnadete Köchin gewesen ist und die mir in den vielen gemeinsam verbrachten Stunden in ihrer gemütlichen Wohnküche so viel beigebracht hat. Unter anderem ihr vielgerühmter Stefaniebraten, der nach dem Braten im Backofen von ihr stolz aufgeschnitten wurde.
Inzwischen habe ich ein Kartoffelpüree nach Muttis Art fabriziert, Tomatensalat auf den Tisch gestellt, und als ich meinen „Falschen Hasen“ (das ist ein anderer Name für Stefaniebraten) vorsichtig auf meinem großen Schneidebrett platziere, ergreift mein Mann in freudiger Erwartung das Messer und schneidet ihn auf. Jeder von uns bekommt ein großes Stück und freut sich auf das Innere (Frankfurter, Essiggurken und hart gekochte Eier), das mit der faschierten Farce eingekleidet wurde. Ein bisschen Bratensaft, das alles habe ich mir bei meiner Mutter abgeschaut und ich habe auch die Freude, aufwändig zu kochen, von ihr geerbt.
Wenn ich an ihre Rindsrouladen mit einem hervorragenden Serviettenknödel denke oder an ein Hirschragout oder Rehgulasch, dann läuft mir heute noch das Wasser im Mund zusammen. Die Tricks, einen Fond herzustellen, wie man Mehlspeisen macht und verziert, das alles hat sie mir gezeigt.
Aus dem Biskuitteig kreiere ich eine Apfeltorte, da mische ich den Pudding mit geriebenen Äpfeln, gebe auf den Biskuitboden Apfelmarmelade (selbst gemacht), dann streiche ich die Puddingapfelmasse darauf und als Hut kommt geschlagenes Obers mit einer Kakaoschicht.
Zum Kaffee mit Zimt verdrückt jeder von uns zwei große Apfeltortenstücke. Meine Mutter ist am 11. September 1993 verunglückt und doch ist sie mir beim Kochen so nahe, dass ich immer lächeln muss, wenn ich meine Kochkünste walten lasse. Sie hat mir die Liebe zum Kochen nicht nur vererbt, sondern auch gezeigt, wie viel Freude gutes Essen machen kann. Ich sehe sie in ihrer Bauernstube auf der Alm vor mir, wie sie uns mit Wildgerichten verwöhnt hat, aber auch in ihrer Wohnküche in Graz, wo sie nach einem guten Essen mit mir einen Kaffee und Kuchen genossen hat. Ob Apfeltorte, Marmorkuchen, Topfenstrudel, Striezel, Charlotten, Cremeschnitten, Sacher Torte, Kokosschnitten, Zupfkuchen und, und, und, sie hat mir so viel beigebracht und ich werde die wunderbare Zeit mit ihr niemals vergessen!
© Christine Büttner 2021-09-07