von Elke Fürpaß
Geheimnisvoll verpackt wie die Kokons der Seidenspinnerraupen reihen sich Erlebnisse aneinander. Daraus entstand ein Faden – filigran und hauchzart einem großen Ziel entgegen – weit in den Osten mit dem eigenen Fahrzeug. Die erste Etappe über Griechenland, die Türkei nach Georgien war einfach – ein Heimspiel fast. Neuland begann erst danach, ab der Grenze nach Russland. Ein herzlicher Empfang, ein guter Start am Ufer der Wolga. Dann die sphärische Weite der Wüste Manghystau in Kasachstan. Sie hat mich so beeindruckt, dass mir die Worte fehlen, um diese skurrile Landschaft zu beschreiben. Einfach nicht von dieser Welt. Ein ganz besonders Stück des seidenen Fadens leuchtet hier wie von Zauberhand gesponnen. Ein Hauch von Exotik in den alten Städten Uzbekistans. Die Frau in ihrer traditionellen Kleidung, die mich auf der Parkbank an ihre Brust nimmt, einfach herzerwärmend. Wir verstehen kein Wort voneinander, doch gemeinsam lachen geht immer. Lustige Kokons entlang meines Fadens tanzen in der Sonne Uzbekistans. Tadschikistan hat mich gefordert wie kein anderes Land. Die Straßen so schlecht, die Täler so schroff, die Berge so abgeschieden. Den berüchtigten Pamir zu überqueren stand ganz oben auf der Liste und es ist geglückt. Doch Regenfälle haben Straßen unpassierbar gemacht, meine Nerven auf die Probe und mir immer wieder Fragen gestellt. Will ich das alles, ist es den Aufwand wert? Wir warten zwei Tage ab und tänzeln dann mit 12 Tonnen über dieses Provisorium, das man Straße nennt. In Alarmbereitschaft bin ich in diesen Tagen in diesem Land fast ständig. Wir fahren entlang des reißenden Pandsch, auf der anderen Seite ist Afghanistan zum Greifen nahe. Es trennen mich nur ein paar Meter von dieser geheimnisvollen Welt und diese Gewissheit macht etwas mit mir. Doch manche Kokons meines Fadens bleiben fest verschlossen, behalten ihr Geheimnis für sich. Auch das ist das Wunderbare am Reisen – es bleibt immer noch was übrig. Auf den hohen Pässen fehlt dem Motor beim Start hörbar Sauerstoff. Ich selbst komme gut damit zurecht. Viel mehr als Luft fehlen mir Ruhe im Inneren und die Sicherheit im Außen. Weder Fahrfehler noch körperliche Gebrechen haben Platz – Mensch und Maschine müssen funktionieren, alles andere könnte fatale Folgen haben. Hier in der Abgeschiedenheit dieser Berge und Täler spüre ich das erste Mal die Zartheit des seidenen Fadens – er könnte auch reißen. Es zieht mich ins grüne Kirgistan. Endlich wieder ruhig durchatmen, entspannt einschlafen können. Das Mongolei-Feeling auf den Hochweiden macht ein bisschen stolz. Ein fast erhabenes Gefühl überkommt mich – wir sind so weit gekommen, dürfen auch das noch erleben. Die ersten Yaks zaubern mir ein Lächeln ins Gesicht. Das Meer Kirgistans, der Yssy-Köl liegt vor uns. Meine Erwartungen sind hoch – zu hoch. Hier verliert der Faden ein bisschen seinen Zauber. Wir schreiben schon Tag 197 und vielleicht bin ich ein bisschen reisemüde. Ich versuche immer wieder meine Gedanken zu ordnen. Die Heimat nicht zu vermissen, ganz hier anzukommen, will mir aber nicht immer gelingen. Ab hier geht es wieder 7000 km zurück. Der Faden hat sich weit gesponnen, auch einige Male überspannt – doch er ist nie gerissen – das ist das Wichtigste. Und so hat meine Seidenstraße einen Anfang und jetzt auch ein Ende gefunden und die noch verschlossenen Kokons wandern in meine Schatzkiste erfüllter und unerfüllter Träume.
© Elke Fürpaß 2025-07-06