Meine Wahrheit

Sabrina Liska

von Sabrina Liska

Story

Nun ja, ich lebe ein echt tolles Leben, wenn man das so sagen kann. Ich studiere an einer Universität, mit meinem Traumberuf als Ziel vor Augen, mein Nebenjob ist der Hammer, dank meiner super Arbeitskolleginnen natürlich noch mehr und ich lebe in einer glücklichen Beziehung. Geteiltes Leid ist halbes Leid, weshalb ich mir auch das ein oder andere Mal neue Klamotten, oder sonstigen unnötigen Kram gönne(n kann).

Meine Familie, die eine Autostunde von mir entfernt lebt, ist kerngesund, meine einzig wahre Freundin lebt seit ein paar Jahren in Wien, aber Dank der Entfernung konnte auch ich für mich herausfinden, was wahre Freundschaft bedeutet. Mein Hund ist der beste und bravste Hund der Welt und, jetzt kommt’s, ich kann mich sogar selbst leiden. Nicht selbstverständlich heutzutage – leider. Ich finde mich meistens schön, wenn ich in den Spiegel sehe, auch, wenn es manchmal andersrum ist, doch das macht nichts, denn jedermann hat schlechte Tage und es gibt immer etwas, das einem etwas stört. Somit: Was will man mehr?

Alles perfekt, super, alles paletti und tutti completti, oder wie auch immer man das nennen möchte. Nichts desto Trotz gibt es diese eine Frage, die ich mir zwischendurch selbst stelle: Lebe ich MEINE Wahrheit?

Was ist eigentlich meine Wahrheit? Wie stelle ich mir mein Leben/meine Zukunft vor? Lebe ich danach und steuere ich mit meinem Handeln und meinen Gedanken auf diese super-paletti-tutti completti-Zukunft zu?

Meine Wahrheit besteht aus einem Leben in der Nähe meiner Familie. Ein schneller Kaffee bei Oma und Opa, oder ein schöner Nachmittag mit meinen Eltern und meiner kleinen Schwester sollte bloß ein Katzensprung entfernt sein. Mein Hund hat auch ein Leben im Grünen verdient, anstatt einem Leben zwischen hohen Wohnblöcken mitten in der Stadt, wo zeitbegrenzte Spaziergänge das Highlight des Tages darstellen. Ich sehe mich in einem Pavillon Bücher schreiben, wenn ich als Lehrerin Sommerferien habe. Im Winter sitze ich gemeinsam mit meiner Familie an der Weihnachtstafel, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, wann ich bei angesagtem Schneegestöber am besten nach Hause fahren sollte, um nicht bei meiner einstündigen Autofahrt hineinzugeraten. Eigene Kinder? Vielleicht. Eine Beziehung führen? Wer weiß. Ein Haus, oder eine Wohnung? Vielleicht auch nur eine Hütte im Wald?

Doch was ich weiß ist, dass ich für mich, nur für mich, glücklich sein und nichts, was ich mir wünsche, missen möchte. Ich möchte keine Leere in mir spüren, sondern die Gänze des Lebens. Die Frage, die ich mir ständig stelle, sollte keine Frage, sondern die Antwort sein. Darum: Nicht alles was glänzt ist auch aus Gold!

© Sabrina Liska 2020-08-24

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