von Chatniris
⊠liegt jetzt genau 30 Jahre zurĂŒck. GlĂŒcklicherweise kein einsamer, da wir anwesend sein durften. Er starb zu Hause im Wohnzimmer, ganz friedlich und mit seinem typischen LĂ€cheln im Gesicht.
Was sollte die Welt von meinem Vater heute noch wissen? Er war 39, als ich zur Welt kam, und doch jĂŒnger im Geist, als die Eltern meiner damals gleichaltrigen Nachbarn und Freunde. Zu dieser Zeit fuhren wir bereits ans Meer – davon bin ich heute noch sĂŒchtig – wir hatten als einzige in der Siedlung einen Swimmingpool, in dem sich zeitweise bis zu 41 Leute treffen konnten, wir hatten neben einem Obst- und GemĂŒsegarten auch eine Wiese, in der wir FuĂball spielen durften. Andere hatten nur einen gepflegten Rasen fĂŒr’s Auge, der nicht betreten werden durfte. Uns war es erlaubt, dass sich Freunde – und auch MĂ€dels – bei UNS treffen durften. Seine ErklĂ€rung: âDann sehen wir wenigstens, was die Buam so treiben.â Das blieb den anderen Nachbarn bei ihren Kindern kaum möglich – die waren ja bei uns ;-)
Mein Vater förderte auch meine Liebe zur Musik, er hörte nur Jazz, Klassik und dann Ă3. Auf unserem Plattenspieler drehten die Singles der Kinks, The Who, Beatles und Stones in Dauerschleife und entsprechender LautstĂ€rke. Nach der gefĂŒhlten 100. Wieder Polung von âMy Generationâ fragte er, ob wir die auch einmal umdrehen könnten. Diese dann aufkommende Popkultur erlaubte uns die Frisur der Beatles zu tragen, alle anderen sahen aus, wie wenn die Mutter einen Topf darĂŒber gestĂŒlpt und darunter hinauf rasiert hĂ€tte. So Ă€hnlich, wie die meisten heutigen FuĂballer eben ausschauen. Als Antwort auf die Fragen der Nachbarn, warum er uns diese langen Haare erlaube, antwortete er: âMeine Buam helfen mir sparen, denn den Friseur muss ich bezahlen.â
Anders, als viele der heutigen VĂ€ter, hatte er noch tolle Werte zu vermitteln, Liebe, Toleranz, Zusammenhalt, RĂŒcksichtnahme, Empathie, einfache Regeln, die konsequent verstanden und eingehalten worden. Nur eine davon: âWenn ich um 17 Uhr von der Arbeit komme, seid ihr da, damit ich sehe, dass es euch gut geht. Danach dĂŒrft ihr wieder raus.â In Zeiten mit Viertel-Telefonanschluss gab das eine gewisse Sicherheit.
Und ich besuche ihn heute Nachmittag, damit er weiĂ, es geht mir gut. Das schĂ€tzen meine Eltern.
TĂ€glich – wenn ich nicht zufĂ€llig verreist bin – sehe ich seine Fotos und Bilder an der Wand, grĂŒĂe und denke an ihn und lĂ€chle.
Mein GefĂŒhl sagt, er lĂ€chelt zurĂŒck đ
© Chatniris 2023-03-27