Ein Abschied. Von einem meiner besten Freunde. Gatti hat uns bekannt gegeben, dass er Österreich verlassen wird um in die Vereinigten Staaten zu gehen. Dort möchte er seinem Traum nachgehen. Football Coach werden. Bei jedem Menschen würde man nur den Kopf schütteln und versuchen ihm einzureden, dass das ein Hirngespinst ist. Aber nicht bei ihm. Wir sind uns alle sicher, wenn einer das Zeug dazu hat, dann er.
Ihn hält nichts hier. Der Job stagniert, Freundin ist keine da und die Möglichkeiten seinem Hobby in Österreich nachzugehen, sind nicht besonders vielversprechend. So hat er aufgehört nach einer Partnerin zu suchen und damit begonnen neue Wege zu erkunden. Und er wurde fündig.
Wir haben alle schon ein Bier zu viel. Das Loslassen fällt schwer, aber wer traut sich schon, dass man so viel Mut im Wege steht? Letzte Umarmungen, Versprechen und Wiedersehenswünsche werden ausgetauscht. Und dann habe ich geglaubt, meinen Freund fürs Erste nicht mehr wiederzusehen.
Ein paar Wochen später sah die Welt ganz anders und doch komplett gleich aus. Gatti war noch immer da und die Pläne mit Amerika wurden verworfen. Der Grund für den plötzlichen Sinneswandel hatte einen Namen. Johanna.
So wie er es einmal sagte, kam sie aus dem Nichts. Kennen gelernt über einen Kollegen. Komplett unerwartet. Wie die Interception eines sonst so sicheren Quarterbacks. Und sie war gekommen um zu bleiben.
Aber auch beim Football ergaben sich völlig neue Möglichkeiten. Er rückte in den Betreuerstab der Amstetten Thunder vor und wurde dort einer der Vertrauensmänner seines Coachs. Um der ganzen Geschichte die Krone aufzusetzen, schaffte er es in seiner ersten Saison als Coach den Aufstieg in die Football Bundesliga.
Vor wenigen Wochen noch verabschiedete ich mich noch von Gatti und plötzlich sehe ich ihn im Fernsehen beim Finale der Silver Bowl. Und die Wahnsinnigen gewinnen auch noch.
Auch im Job bekam er die Möglichkeit einen Sprung zu machen. So wurde er befördert und ist heute Teamleader in seiner Abteilung.
Oft sind die Wege im Leben schwer zu verstehen. Man steht jeden Tag auf und fragt sich: „Wofür? Ist doch eh immer der gleiche Trott. Wozu das alles?“
Und genau in dem Moment, in dem man glaubt, alles über den Haufen werfen zu müssen, schickt einem das Leben, einen kleinen Wink des Schicksals, der den Lauf der Dinge maßgeblich verändert.
So zum Beispiel, dass ein guter Freund nicht weggeht, sondern bleibt und nächstes Jahr mit uns seine Hochzeit feiert.
Ja, Gatti ist noch immer da und so wie Johanna bei ihm, ist er hoffentlich auch bei mir gekommen um zu bleiben. Denn es wäre wahnsinnig Schade um jedes gemeinsame Bier oder Fußballmatch.
Oder um die Erfahrung, über die zwar oft gesprochen wird, die man aber selten so nah mitbekommt, wie ich bei ihm: „Meistens kommt es anders als man denkt.“
© Florian Hauenschild 2019-12-01