Memento vivere

Louis Eikemper

von Louis Eikemper

Story
Gedankenreise

Im Jahr 1955 schrieb Albert Einstein einen Brief an die Familie seines verstorbenen Freundes Michele Basso.

„Nun ist er mir mit dem Abschied von dieser sonderbaren Welt ein wenig vorausgegangen. Das bedeutet nichts. Für uns gläubigen Physiker hat die Unterscheidung zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft nur die Bedeutung einer, wenn auch hartnäckigen, Illusion.“

Einsteins Worte verknüpfe ich als eine der Fügungen, die diese Gedankenreise ebneten – zu der ich nun einlade, um mein Verständnis von unserer (relativen) Sterblichkeit als Fundament menschlicher Schaffenskraft offenzulegen. Wenngleich es nicht das angenehmste Thema ist, bleibt es doch am elementarsten von allen Gebieten, denen man sich innerhalb des diesseitigen Lebens zu stellen hat: der bewussten Differenzierung zwischen eigener und allgemeiner Vergänglichkeit und die sich daraus erschließende Erkenntnis über die Quintessenz dessen, was vom eigenen Kosmos bleiben soll. Ich werde in diesem Sinnesbrief also auf den alltäglich verlautbarten Zuruf des „Memento mori“ (Gedenke des Sterbens) mit einem optimistisch ausbalancierten „Memento vivere“ (Gedenke des Lebens) entgegnen. Warum denn auch nicht?

Wenn aus allem, was um uns ist, alles wird, was uns künftig umgibt, dann lässt sich deuten, dass alles von allem kommt und unabdingbar in alles zurückkehren wird – weil das was in den Elementen der Natur enthalten ist, zwangsläufig daraus besteht. Was ist wurde also von dem, was war definiert und wird perpetuell alles werdende definieren. Sollte man sich trotz der daraus ergebenden Erkenntnis, dass der Tod die unabdingbare Konstante des Lebens gibt, noch damit quälen, dass er vor einem liegt, dann kann folgender Gedanke in Anbetracht der allgemeinen Relativität zum Schlüssel der Erlösung verhelfen. Wenn das Ableben vor uns liegt, muss es, relativ gesehen, ebenso hinter uns liegen. Ja, es liegt hinter uns – wir finden es in den Höhen und Tiefen begraben, die wir auf dem Weg zum Gipfel des Lebens schon beschreiten durften. Somit ist der Tod auch Urheber aller Erinnerungen – und die Triebfeder menschlicher Schaffenskraft. Er ist Fundus der Erfahrungen, die man innerhalb des diesseitigen Lebens gewinnt, im Verstreichen jedes Moments präsent – ja, er ist es, der all unser Zeitliches segnet, oder nicht? Letztlich lässt er uns also erkennen, dass jeder Augenblick auf dem Konto des Lebens von unbezahlbarer Kostbarkeit bepreist ist – und genau das ist es, was ihn so wertvoll macht! Womit wir unser Lebenskonto befüllen und verjubeln, bleibt uns letztlich zur freien Wahl. Erfahrungsgemäß zahlen sich die positiven, ermutigenden und inspirierenden Impressionen für uns aus. Schließlich werden uns die charakterstarken Einflüsse dieser Welt am längsten im Lauf des Lebens verweilen lassen, richtig? Die Haltbarkeit unserer Kreationen definieren wir also stets in uns selbst – durch die Natur dessen, woran wir festhalten. Unser Lebenswerk erschaffen wir maßgeblich aus den Tugenden, die wir manifestieren. Sie sind das Schlüsselelement der eigenen Unsterblichkeit. Ihre Essenz ist es, die es uns ermöglicht dem Lauf des Lebens beständig sprießende Entwicklungen hinzugeben, die immerwährend erhalten bleiben. So lasst uns im Hier und Jetzt bewusst werden, um zeitlos wirksam zu verweilen.

© Louis Eikemper 2024-11-21

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Spiritualität
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