Mes parents and Me

ziinamehi

von ziinamehi

Story
Austria 1997 – 2024

Wo soll ich nur bei meinen Eltern anfangen? Ich möchte nicht, dass sich das als Hater-Brief gegen meine Eltern entwickelt, aber ich muss auch ihre Fehler auflisten. Bevor wir aber zu den Fehlern kommen, möchte ich explizit betonen, wie stolz ich teilweise auf meine Eltern bin. Sie haben mir alles ermöglicht, was ein Kind zum Aufwachsen benötigt. Essen, Kleidung, Zuwendung, Schulausbildung, mir hat nie etwas gefehlt. Das sollte doch reichen, oder? Wenn ich eines gelernt habe, dann das, dass man die Liebe seiner eigenen Kinder nicht kaufen kann. Man kann ihnen alles zur Verfügung stellen, was sie für ein unbeschwertes Leben benötigen, doch wenn man es wiederum dem Kind schwer macht, eine eigene Persönlichkeit zu entwickeln, dann hat man meiner Meinung nach als Elternteil versagt. Ich musste schon sehr früh erwachsen werden. Was ich manchmal als Vorteil aber auch als Nachteil betrachte. Durch die strenge Erziehung war ich immer gezwungen, nicht der Mensch zu sein, der ich sein wollte. Auf der einen Seite, habe ich gelernt, meinen Eltern das Bild von mir zu vermitteln, welches sie sehen wollten, während ich aber zur Außenwelt ganz anders war. Schon früh musste ich zwei Versionen von mir kreieren, um in dieser Welt zu existieren. Dies steigerte meine Kompetenz in Lug und Trug. In jungen Jahren bereits, wurde ich in Situationen gebracht, in denen ich wählen musste, schütze ich mich oder meine Geschwister oder jemand anderen. Nicht nur das Kind in die Erwachsenenrolle zu stecken, beherrschten meine Eltern, sondern auch die Kunst der körperlichen und verbalen Gewalt. Auf dieses Thema komme ich aber in einem anderen Kapitel darauf zurück. Sowohl meine Mutter, als auch mein Vater sind beide streng bosnisch und muslimisch aufgewachsen und erzogen worden. Ich verstehe, warum sie vieles aus deren Kindheit auf unsere projiziert haben. Es ist nicht leicht, alte Gewohnheiten und Gepflogenheiten abzulegen, wenn man es selber nicht besser weiß. Damit habe ich jeden Tag aufs neue zu kämpfen. Niemand sagt einem, wie schwierig es ist, das was man als „normal“ vermittelt bekommen hat, in der Öffentlichkeit abzulegen. Erst durch die ersten Freunde habe ich gelernt, dass das was meine Eltern mir als in Ordnung vermittelten, gar nicht so war bzw. so sein sollte. Ich wurde zu einer Künstlerin. Eine die nicht nur zu ihren Eltern steht, sondern auch zu meinen Geschwistern und Freunden. Egal in welcher Situation, ich war auf der Seite des Fragenden. Natürlich quälte mich mein schlechtes Gewissen ständig, wenn ich es nicht geschafft habe, den Willen des anderen zu erfüllen. Doch oft, habe ich Personen auch beschützt, wenn es nicht mal meine Aufgabe war. Von meinen Eltern war kein Verständnis zu erwarten, dafür dass man seine Geschwister und Freunde nicht gegeneinander ausspielt. Ich musste meinen eigenen Weg finden, wie ich mich und meine liebsten schützen kann. Durch diese Erfahrungen, ist mir bewusst geworden, dass allein ich dafür verantwortlich bin, wie sich der gegenüber fühlt und verhält. Stimmt doch oder nicht? Dass das nicht die gesunde Art und Weise ist, mit Menschen umzugehen, wurde mir nie richtig beigebracht. Stattdessen wurde es ausgenutzt. Wurde ich ausgenutzt, um die Bedürfnisse anderer zu befriedigen. Still sein und gehorchen, keine eigene Meinung, keine eigenen Interessen, kein eigenes Ich. Das war es, was ich von meinen Eltern gelernt habe zu sein.

© ziinamehi 2024-02-06

Genres
Romane & Erzählungen
Stimmung
Emotional, Reflektierend