von Berta-Dickens
In der Nähe von Bad Endorf gab es ein Mädchen Mila, welches am Waldrand wohnte. Wenn Mila ihrer Mutter bei der Hausarbeit half, sah sie sehnsuchtsvoll durch das Küchenfenster nach draußen auf eine bunte Blumenwiese. Ihr Zimmer im Dachgeschoss hatte das Fenster in Richtung des Waldes, deshalb genoss sie die Hilfe in der Küche. Wenn Mila nicht mit ihren Schulaufgaben den Nachmittag verbrachte, oder mit ihren Freundinnen aus der Nachbarschaft die neuesten Popsongs nach trällerten, streifte sie glücklich durch diese Blumenwiesen.
Heute war wieder so ein Tag im Frühling. Sie dachte sich, dass es am nahe gelegenen Simssee auch wunderschön ist und stieg auf ihr Fahrrad. Dort angekommen legte sie sich an den See und beobachte die kleinen Wellen. Es wehte ein ganz leichter, warmer Wind über den See, als wollte er den Sommer ankündigen. Sie träumte so vor sich hin, als sie sah wie sich auf einem Baumstumpf ein Schmetterling niederließ. Sie ging ganz vorsichtig näher heran und erkannte ein Tagpfauenauge. Das dunkle Rot bekräftigte die hellen Tupfer auf seinen Flügeln. Der Schmetterling erschrak und flatterte direkt an ihrer Nase vorbei auf eine Blume. Mila streckte ihre Hand ganz langsam dem Schmetterling entgegen und flüsterte: „Du bist ein ganz hübscher Schmetterling, ich nenne Dich Ami.“ Als ob der Schmetterling verstand, flog er auf Milas Hand. Mila staunte, wie zart und fein dieser Schmetterling gebaut war. Die winzigen Füßchen und die feinen Verzierungen der Muster auf den Flügeln. Mila stockte der Atem, so wunderschön war der Schmetterling. Der leichte Wind machte in diesem Moment eine unterstützende Pause. So war Mila mit Ami innig miteinander verbunden. Es schien, als ob der Tagpfauenauge Mila verstand. Er erhob sich in die Lüfte und umkreiste mehrmals Milas Kopf. Als Ami dann auf ihrer Schulter landete, musste Mila lachen. Sie wusste jetzt, dass sie einen neuen Freund gefunden hatte.
Ab diesem Tag kam sie öfters hierher. Mila nahm auch immer wieder ihre Freundinnen mit. Ami begleitete die Mädchen dann bei ihren Spielen in den Wiesen. Zu Mila aber war die Verbindung besonders tief. Warum, das wussten nur die Beiden. Wenn die Beiden alleine am See saßen, dann erzählte Mila dem Tagpfauenauge viele Geschichten. Eines Tages aber musste Mila vor Traurigkeit weinen. Der Schmetterling flog auf ihre Nase, als wollte er Mila trösten. Mila sprach mit Ami: „Ach, wenn das der Papa sehen könnte, und fing an zu schluchzen. Aber Papa ist ja schon lange tot.“ Vorsichtig streichelte Mila die langen Fühler und auf einmal kehrte ihre Fröhlichkeit zurück. Ami hatte es durch die Nähe geschafft Mllas Trauer in Freude umzukehren. Als wollte Ami sagen: „Kopf hoch Mila, das Leben geht weiter.“ Nun traute sich Mila dem Schmetterling auch ihre Sorgen mitzuteilen. Es war angenehm einen stillen Zuhörer zu haben. Mila konnte so wieder viel glücklicher in den nächsten Tag starten. Das merkte wohl auch der Schmetterling. Eines Tages, es war mittlerweile Herbst, flog er in Milas schwarze Locken und hob von da mit dem nächsten Flügelschlag ab. Ami flog ein Herz in der Luft, flatterte intensiver mit den Flügeln, als wollte er Lebewohl sagen. Er flog dann auf die andere Seite des Sees. Mila winkte ihm mit einem Handküsschen hinterher. Sie hoffte nun auf den nächsten Frühling.
© Berta-Dickens 2025-04-16