Mit Blech und Bier

Sara

von Sara

Story

„Ich hab sie! Lauft, lauft, LAUFT!!“ Gerade noch im Gespräch vertieft, verstehen die beiden sofort den Ernst der Lage. Sie haben nicht mehr daran geglaubt, dass wir es schaffen können. Ich hab selbst nicht mehr daran geglaubt. Es muss Schicksal sein!

„Wohin?“ Wir laufen panisch nebeneinander her. „Da ist die Haltestelle!“ Zu gefährlich. „Nein, vielleicht verfolgen sie uns! Wir müssen zur nächsten. Mir nach!“, befehle ich und renne durch die dunkle Nacht. Ich spüre das Adrenalin, Freude und Angst zugleich.

Außer Atem kommen wir an, immer noch fassungslos, doch überglücklich – und betrunken natürlich. Solche Dinge passieren nicht, wenn man naturtrüben Apfelsaft bestellt. Nach ewig dauernden, leicht paranoiden Minuten kommt endlich die erlösende Straßenbahn und nimmt uns mit. Nun ist es gewiss: Wir haben sie!

Voller Stolz rufen wir eine Freundin an, um diesen unglaublichen Erfolg teilen zu können.

„Wir haben die Trompete!!“, brüllen wir zu dritt ins Telefon.

„Ihr habt was?“

„Die TROMPETE!“

„Woher habt ihr eine Trompete?“

Ich erzähle vom Pubcrawl, von der Trompete, die das Signal für den nächsten Barwechsel war. Davon, dass sie für uns Liebe auf den ersten Blick war, wie wir sie einfach haben mussten. Wie wir um sie gekämpft haben und davon, wie ich sie mit einem cleveren Trick an mich reißen konnte.

„Ihr habt denen die Trompete geklaut?“, fragt sie lachend nach.

Geklaut. Was für ein hässliches Wort. Wir haben sie wohl eher gerettet. Wovor auch immer. Der Abend war jedenfalls ein voller Erfolg, in jeder Hinsicht.

Glücklich schlafen wir nach etlichen Klängen unserer Trompete ein. Glücklich wachen wir am nächsten Morgen wieder auf. Glücklich schauen wir unsere Trompete an. „Nüchtern betrachtet“, stelle ich fest, „ist das gar keine Trompete. Das ist eine Hupe.“

Und genau nach der suchen die Veranstalter von gestern auch schon. Doch sie nennen sie Tröte. Klingt komisch. Dennoch versuchen wir, Frieden zu schließen und lassen unsere Trompete Kontakt mit ihren ursprünglichen Besitzern aufnehmen:

„Ich bin’s, eure Tröte! Entschuldigung, dass ich euch gestern verlassen habe, ich hab wohl ein Bier zu viel übers Blech bekommen und war nicht mehr ganz zurechnungsfähig. Aber ich hatte Glück: Drei liebe Menschen haben mich aufgenommen und sich um mich gekümmert. Ehrlich gesagt hat mich das sehr gefreut, weil ich schon den ganzen Abend extra schöne Töne von mir gegeben habe, um sie zu beeindrucken. Abgesehen davon, dass sie mich fälschlicherweise ständig als ‚Trompete‘ bezeichnet haben, waren sie ganz nett mit mir und ich würde deshalb gerne noch bleiben, weil ich sie auch schon sehr lieb hab. Ich verstehe aber, dass ihr mich schon vermisst und weil der Abend so toll war mit euch (das sagen auch meine neuen Freunde), komm ich wieder zu euch zurück. Damit meine Retter darüber nicht allzu traurig sind, würd‘ ich vorschlagen, dass ihr sie dafür mit Bier entschädigt.“

Der Deal wird angenommen.

Danke, liebe Trompete. ❤

© Sara 2019-07-09

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