Mit dem Ballon durchs Leben

JanGroenhain

von JanGroenhain

Story

Anlässlich eines runden Geburtstags fand sich in einem Kuvert ein Gutschein. Für eine Fahrt mit dem Heißluftballon. Eine unerwartete Überraschung, die genau ins Herz traf und ein weiteres Band um unsere Verbindung schlang.

Beiläufig hatte ich einmal erwähnt, dass eine solche Fahrt wunderbar sein müsste. Aus der Adlerperspektive das Land zu sehen. Das weckte nun große Vorfreude. Nach dazu im Winter! Bisher vage Bilder im Kopf konkretisierten sich.

Es vergingen einige Wochen, denn das Wetter musste auch passen. An einem Samstag im Februar war es dann so weit. Wir fanden uns frühmorgens in Filzmoos ein. Es war wirklich kalt, der Ort lag noch im Schatten. Der Schnee knirschte, der Atem gefror. Die Hände waren klamm und wir warm eingepackt. Unser Pilot Andreas war bereits mit den Vorbereitungsarbeiten beschäftigt und beruhigte: „Nein, oben ist es nicht kälter als hier unten“.

Dann waren wir schon drin im Korb. Gewannen rasch an Höhe. Aus dem Tal empor waren wir plötzlich in der hellen Sonne. Ein breites Lächeln erfasste uns, es wurde merklich wärmer, äußerlich und innerlich. Es war völlig windstill. Eigentlich logisch, wenn man mit dem Wind unterwegs ist.

Direkt vor uns das imposante Dachsteinmassiv. Schon oft gesehen, von oben betrachtet war dieser Anblick aber neu und absolut beeindruckend. Wir stiegen auf 3000 Meter, trotzdem machte sich keine Höhenangst breit, wir fühlten uns sicher. Andreas stellte den Brenner ab, die völlige Stille war unerwartet, wir unterhielten sich plötzlich leise.

Wir glitten über die Hochwurzen hinweg, vorbei an Schladming. Die planierten Bänder der Skipisten genossen noch die morgendliche Leere. Wir ließen die Blicke in alle Richtungen schweifen und stießen dabei fast an keine Grenzen. Bekamen nicht genug vom Schauen. Unzählige Gipfel, jene in den Radstädter Tauern beleuchtet von der Morgensonne. Täler in denen noch Nebelfelder hingen, dazwischen kleine Seen, von Schnee verhüllt. Alles scheinbar unberührt und still.

Über den stattlichen Hochgolling hinweg erreichten wir den Preber. Zahlreiche Ameisen in Form von Tourengehern waren bereits unterwegs. In kleineren Gruppen bewegten sie sich Richtung Gipfel. Ein stark mäandernder Bach suchte seinen Weg ins Tal. Almhütten lagen scheinbar willkürlich platziert an den Hängen, bedeckt von weißen Hauben.

Wir sanken tiefer, schwebten über Baumwipfel, konnten bereits Spuren im Schnee erkennen. Knapp über den Dächern einer kleinen Ortschaft hinweg landete Andreas den Ballon nach zweieinhalb Stunden präzise etwas östlich von Tamsweg auf einem schmalen Weg, der einen Hang querte. Die Sorge vor der Landung war unbegründet.

„Danke, das war schön. Wie eine Matapher“, sagte ich später. So eine Ballonfahrt ist wie das Leben: Man steigt schnell auf, gleitet dahin, kann in eine Richtung steuern, in die andere wird man getrieben. Man will es genießen und am Ende sicher landen. Kommt dann aber drauf, dass es viel zu schnell vergangen ist. (2012)

© JanGroenhain 2020-05-03

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