Mit dem Schiff um die Küche

Wieder einmal musste ich die Wohnung wechseln, weil die bisherige mir zwar lieb, aber zu teuer geworden war. Jeder Umzug war sehr mühsam, trotz aller Sorgfalt wurde einiges beschädigt oder ging zu Bruch.

„Irgendwann“, hatte der Hausverwalter mir freundlich erklärt, „irgendwann gibt es eine neue, moderne Küche. Bad und Fenster werden dann ebenfalls renoviert. Aber keine Angst, es wird erst in ein paar Jahren so weit sein.“

Drei Wochen später fand eine Hausversammlung statt, bei der wir Mieter erfuhren, dass wir in Kürze abwechselnd eine Woche lang in eine leerstehende Wohnung im selben Haus ausweichen müssen, denn der Umbau finde früher als geplant statt. Bereits die Ankündigung drückte mich zu Boden.

Zur selben Zeit lag der Katalog eines Versandhauses in meinem Briefkasten. Auf der letzten Seite wurde eine zehntägige Mittelmeer-Kreuzfahrt zu Last Minute-Preisen angeboten. Zehn Tage? Da müsste die Renovationswoche doch locker hineinpassen! Ich rechnete aus, was es mich plus Einzelkabinenzuschlag kosten würde. Es war erfreulich wenig. Meine Stimmung stieg schlagartig in die Höhe.

In meiner verführerischsten Stimmlage rief ich den Verwalter an und fragte: „Lässt es sich einrichten, dass in einer bestimmten Woche meine Wohnung an der Reihe ist und vollständig renoviert wird? Ich mache in dieser Zeit Urlaub.“

Vermutlich hatte er wegen seines leeren Versprechens ein schlechtes Gewissen, denn er war sofort damit einverstanden. Auf der Stelle buchte ich die Seereise, räumte Küche und Bad aus, brachte für die Tage vor und nach der Reise das Wichtigste in der Ausweichwohnung unter, ließ mir das Schlafsofa dorthin tragen und packte meinen Koffer. Mein Schlafzimmer sperrte ich ab, das offene Wohnzimmer wurde mit einer Folie dicht gemacht und vor Staub geschützt.

In Genua begab ich mich an Bord. Es war meine erste Kreuzfahrt allein, aber es wurde keineswegs so langweilig, wie ich befürchtet hatte. Am Tisch, an den ich gesetzt wurde, waren auch zwei unternehmungslustige Solo-Herren, die sich gern um uns Damen kümmerten, und es wurde eine recht lustige Zeit.

Abends gab es mehrere Unterhaltungsprogramme, Swimming- und Whirlpools standen zur Verfügung, Sportmöglichkeiten, ein Bordkino und zu jeder Mahlzeit ein vielseitiges Angebot. Ich genoss es, die Kabine für mich allein zu haben, denn auch die Unterkünfte höherer Preisklassen sind auf Schiffen meist ziemlich eng. Wir machten Landausflüge in Spanien, Gibraltar, Portugal und Nordafrika. Ich entdeckte wunderschöne Städte, aber auch, wie herrlich es ist, allein zu reisen und tun zu können, was ich will.

Als ich nach zehn Tagen wieder bei meinem neuen Zuhause eintraf, lag der Wohnungsschlüssel im Briefkasten, das Sofa stand an seinem alten Platz und die Wohnung war tadellos geputzt. Nur noch ein paar Schachteln mussten aus der Ausweichwohnung geholt werden. Ich hatte Glück, dass ich den Wohnungsumbau quasi umschiffen konnte.