von Eva Filice
Von Rom bis Neapel fuhren wir mit der Ferrovia dello Stato, in Neapel stiegen wir in die Lokalbahn Circumvesuviana um. In Herculaneum wollten wir einen Bus nehmen, um zum Vesuv zu gelangen. Im Zug mit vielen Einheimischen fielen wir als Touristen auf. Die Sprache und die Reisetasche verrieten uns. Wo wir hin wollten, wurden wir gefragt. Mein Mann, der Italiener, informierte die uns umgebenden Männer über unser Vorhaben. Eine heftige Diskussion, von der ich nichts verstand, entbrannte. „Die streiten nicht, jeder will seine Idee als die beste verkaufen“, klärte mich Antonio auf. Der Bus sei keine gute Idee, wurde uns zu verstehen gegeben. Er fahre nur alle zwei Stunden. Vielleicht! Ein junger Mann schlug vor ein Taxi zu nehmen. Diesen Vorschlag verwarf ich in Gedanken, denn das erschien mir als unnötige Ausgabe. Die Männer debattierten, ohne uns in ihr Gespräch einzubeziehen.
Der Zug fuhr in die Station ein, wir stiegen aus. Ein anderer Mann hielt alle Vorschläge für ungeeignet, das konnte ich von seinem Gesichtsausdruck ablesen. Gestikulierend geleitete er uns auf den Bahnhofsvorplatz, wo mehrere Männer standen. Auf einen ging unser Beschützer zu und sprach mit ihm auf Neapolitanisch. Er erklärte dann meinem Mann, dass uns dieser Herr mit seinem Auto, einem privaten Taxi, bis zum Parkplatz in der Nähe des Kraterrandes bringen werde. Mein Einwand, dass wir oben erst wandern und dann ein Picknick planten, erwies sich unbegründet. Der Taxifahrer würde auf uns warten. Der Vermittler verließ uns. Mein Mann fragte nach dem Preis. Jetzt wurde es für mich spannend, denn ich verhandle sehr gerne, während eine derartige Aktion für Antonio sehr unangenehm ist. Ich schüttelte den Kopf. Gleich ließ der Fahrer ein Drittel des Preises nach. Das machte mich mutig. Wo das Taxi ist, wollte ich wissen. Er führte uns zu einem Fahrzeug, das nicht mein sofortiges Vertrauen gewann. „Der Bus wird auch nicht viel besser ausgestattet sein“, warf mein Mann als Kenner der italienischen Verkehrsmittel ein. Ob der Mann überhaupt einen Führerschein habe, dachte ich. Mein ablehnender Gesichtsausdruck ließ den Preis sinken. Und so wagten wir die Fahrt auf den Vesuv, der vor uns thronte und den ich unbedingt mit einem Blick in den Krater erleben wollte. Die italienische Fahrweise erschütterte mich nicht, mehr die Sorge über unser Reisegepäck, das im Auto zurückbleiben sollte. „Lasst euch Zeit, ich warte hier auf euch!“ Gelassen verabschiedete uns der Fahrer. Vom Wanderweg aus konnte ich mit dem Feldstecher auf den Parkplatz blicken. Das Auto stand noch dort.
Nach der beeindruckenden Wanderung begrüßte uns der Mann wie Freunde. Schnell wechselten wir die staubigen Wanderschuhe. Während wir unsere Jause verzehrten, nahm der Fahrer eine Bürste und reinigte unsere Schuhe vom Lavastaub. Er setzte uns vor den Ausgrabungen in Herculaneum ab, gab uns noch Tipps für ein Hotel mit der herzerweichenden Bitte, noch 10.000 Lire für seine Bambini draufzugeben.
© Eva Filice 2021-05-24