Gibt es eine Anleitung zum Schreiben von Geschichten mit Kindern? Ich machte mich auf die Suche nach einem Einstieg, der nichts mit der Einleitung, dem Hauptteil und dem Schluss eines in der Schule üblichen Aufsatzes zu tun hat. Was würde Kinder motivieren, mit mir gemeinsam eine Geschichte zu entwickeln und diese anschließend aufzuschreiben?
Der Artikel einer Autorin von Kinderbüchern kam mir zu Hilfe. Nach ihrer Anleitung fertigte ich eine Tabelle mit fünf Spalten an. Die erste gilt der Heldin, dem Held der Geschichte, in der zweiten geht es um den Ort der Handlung, in der dritten um ein mögliches Problem. In der vierten Spalte kann man sich für ein Tier entscheiden oder auch nicht, in der fünften tritt ein Joker auf, der die Heldin oder den Helden möglicherweise aus einer misslichen Situation befreit.
Die Tabelle wurde der Knüller. Namen wurden genannt. Manfred, Ludwig, Jenny und Leni waren dabei. Bei den vorgeschlagenen Orten klang bereits die Geschichte mit an. Die Protagonisten befanden sich entweder in einem Freizeitpark, im Kino oder in einer Toilette. Probleme ergaben sich wie von selbst. Die Heldin, der Held hatte entweder Angst vor etwas, befand sich im Streit oder war eingeschlossen. Fast alle entschieden sich für ein Tier. Für den einen war es die Ratte, für einen anderen Bettwanzen oder eine Schlange. Der Grundstock war gelegt.
Unser Protagonist – die Kinder hatten sich für Friedrich entschieden – sollte am Anfang unserer Geschichte näher vorgestellt werden. Dafür hatte ich Papierstreifen vorbereitet. Um die richtige Reihenfolge zu erreichen, hatte ich diese nummeriert. Jedes Kind zog einen Streifen und las diesen vor. Wie alt ist Friedrich? Wie ist sein Nachname? Hat er eine Lieblingsfarbe? Gibt es etwas, was er besonders gern mag? Was mag er überhaupt nicht? Wovon träumt er? Diese Fragen sind den Kindern vertraut, weil sie den Freunde-Büchern entsprechen, die in den Klassen die Runde machen. Mögliche Antworten wurden im Gespräch gefunden. Was ist Friedrichs Problem und wo hält er sich auf? Wer kommt ihm zu Hilfe? Für die Beantwortung dieser Fragen nutzten wir eine weitere Stunde. Den Kindern war schnell klar, dass Friedrich Angst vor einer Schüler-Gang hat, deren Mitglieder sich daran weiden, ihn durch Drohgebärden einzuschüchtern. Ein starker Freund musste her, der ihm Beistand bot. Die Fantasie in den Köpfen der Kinder nahm Form an. Nun muss es noch zu Papier gebracht werden.
© Dagmar Lücke-Neumann 2023-12-10