von Connymuckl
Ich hatte Liebeskummer – einen der schlimmen Art – einen, wo man nix isst und nicht schläft. Also machte ich das einzig Sinnvolle: Ich ging tanzen! In die „Arena“ in Wien. Ich tanzte die ganze Nacht, tanzte mir alles von der Seele. Beim letzten Lied tanzten nur noch ich und ein junger Mann- sichtlich wild drauf los, weil wir endlich die ganze Tanzfläche für uns hatten!
Draußen beim ersten Licht des Sonnenaufgangs stellte sich heraus, dass er Franzose war und wir kamen in holprigem Englisch überein, dass wir die nächsten Stunden miteinander verbringen wollten. So zeigte ich ihm ein nahezu menschenleeres Wien im samstäglichen Morgenrot. Es war kitschig schön und sehr lustig. Am Abend trafen wir uns noch auf ein paar Drinks und bevor er zum Flughafen musste, lud er mich zu sich nach Paris ein: anytime!
Gut, aufgrund meiner katastrophalen Gemütslage grübelte ich nicht lange, ob diese Einladung nun nur höflich, oder doch ernst gemeint oder nur so dahin gesagt war. Meine sonst sehr präsente Vernunft warf ich über Bord und buchte einen Flug. Ich machte mich, nur mit einem Rucksack und einer großen Portion Liebeskummer im Gepäck, auf zu einem wildfremden Mann in die Stadt der Liebe. Mit meinem nicht vorhandenen Französisch, das mich schon bei der richtigen Aussprache der Metro Stationen im Stich ließ, freute ich mich darauf, ihn beim (schriftlich!) ausgemachten Treffpunkt zu finden. Allein er war nicht da! Da mein Entschluss fest stand, meine Zeit in Paris in jedem Fall zu genießen, war ich gerade dabei mir im Geiste einen Plan B auszudenken, als er doch um die Ecke bog.
Es folgten 4 Tage in Paris voller Lachen, gutem Gefühl, (sprachlicher) Verwirrungen und 3 Nächte voller Partys, Tanzen, Genießen und Vergessen. Da war ein Klassentreffen in seiner alten Schule, bei dem ich mit Leuten aus Amsterdam, Spanien und Italien ins Gespräch kam. Später feierten wir in vielen Lokalen weiter, tanzten und sangen laut zu allen bekannten und unbekannten Liedern mit Leuten, die ich noch nie gesehen hatte. Alle gaben mir das Gefühl genau hier richtig zu sein. Im Morgengrauen spielten wir gemeinsam Boule auf einer der vielen öffentlichen Sandplätze. Ich bekam unzählige Würfe geschenkt, als „Ausländerinnen-Bonus“ und gewann trotzdem nicht. Nie und nimmer hätte ich gewusst wo ich mich in dieser großen Stadt befand, geschweige denn, wie ich in mein pariser „Zuhause“ finden sollte, hätte nicht „mein“ Franzose auf mich aufgepasst.
Am letzten Abend feierten wir mit unzähligen Leuten seinen Geburtstag. Auch das war eine legendäre Nacht. Und nach angeblich typisch französischen Nudeln in seiner kleinen pariser Wohnung und ein paar Stunden Schlaf, saß ich wieder im Flieger. Von Schwechat aus fuhr ich direkt in die Arbeit, zurück in meinen Alltag. Aber das „pariser Gefühl“ begleitete mich noch lange und es war sogar ein bisschen stärker, größer, mutiger als mein Liebeskummer!
© Connymuckl 2020-03-11