“…mitt’n in Himmi eini”

Story

Ludwig Hirsch: Noch einer, der so sehr fehlt in dieser Zeit. Noch einer, der eine große Affinität zum Tod hatte und das unausweichliche Ende in tröstende Poesie kleidete. „“Komm, großer schwarzer Vogel, jetzt wär’’s gerade günstig. Bitte, hol mich weg von da. Und dann fliagn ma aufi, mitten in Himmi eini, in a neiche Zeit, in a neiche Welt. Und i werd’ singen und lachen, i werd: ‚’Des gibt’s net’ schrei’n!‘ Weil i werd’ endlich kapier’n, worum sich alles dreht…“ „

Mehr als vierzig Jahre ist es her, dass Ludwig Hirsch, der damals am Anfang seiner großen Karriere als Liedermacher stand, diese Zeilen schrieb. Und genau zehn Jahre, dass er mit einem Sprung aus dem Spitalsfenster freiwillig seinem Leben ein Ende machte. Am 24. November 2011 war das. Vermutlich wollte er, der an Lungenkrebs erkrankt war, sich ein langes Leiden ersparen. „“Dass ein solcher die Welt an einem grauen Nebeltag verlässt, ist eine makabre Verknüpfung der Kunst mit dem Leben““, schrieb Bernhard Flieher in den Salzburger Nachrichten. „“Was bleibt, sind Lieder, die als nationales Kulturgut gelten müssen; Geschichten, die bei aller Stille nicht verhallen werden.““

Geschichten zu erzählen und dabei die Menschen zum Träumen, Staunen und Lächeln zu bringen, das war das, was Ludwig Hirsch wollte. „“Mehr kann ich in Wirklichkeit ja auch gar nicht“, sagte er mit kokettem Understatement. Seine dunkelgrauen Lieder gefielen mir auf Anhieb. Ich hörte sie zum ersten Mal im Wiener Konzerthaus, wo er mit dem Gitarristen Johnny M. Bertl auftrat. Im Herbst 1978 muss das gewesen sein.

Obwohl gebürtiger Steirer – er kam am 28. Februar 1946 in Hartberg zur Welt – verkörperte Hirsch, der in Wien-Leopoldstadt aufwuchs, die typische Wiener Seele. Ich mochte die Melancholie, den Hang zur Morbidität, den makabren Humor, natürlich auch die wunderbare Stimme und die Art, die Texte zu interpretieren. Das hatte er als Schauspieler gelernt. Es sollten viele Konzerte und LPs folgen mit zart-bitteren Liedern wie “Die Omama”, “I lieg am Ruckn”, “Geh, spuck den Schnuller aus” bis zu “Gel, du magst mi” , “Schutzengerl”und “Sternderlschauen”.

Kennengelernt habe ich den Hirscherl, so nannten ihn seine Freunde, im November 1979. Er gab sein erstes Konzert im Salzburger Kongresshaus, ich arbeitete als Journalistin. „“Ich will Liederanwalt sein, Sprachrohr für die sprachlose Minderheit. Aber nie mit dem erhobenen Zeigefinger. Ich blinzle mir selber über die Schulter““, erzählte er mir bei einem Interview im „“Podium““, dem damaligen Kult-Beisl in der Gstättengasse mit Sigi Eichinger als legendären Wirt’n. Als ich neulich die Konzertkritik in meinem Archiv suchte, fiel mir auch eine Autogrammkarte mit Widmung in die Hände: Für Claudia vom Engerlrupfer Ludwig (Die Schutzengerln und Sternderln hatten es ihm schon immer angetan.)

Und plötzlich wurde die Traurigkeit, die sich in meinem Herzen breitgemacht hatte, ein bisschen kleiner.

Foto: Polydor

© 2021-11-24

Hashtags