Mono statt Stereo

Weudl

von Weudl

Story

Seit geraumer Zeit höre ich nur noch Mono. Eine Grippeotitis raubt mir seit ca. zwei Wochen auch die letztlich übriggebliebenen Nerven. Mit trommelnden Ohrenschmerzen versuchte ich mich ins Bett zu legen. Die Party im linken Ohr war leider so schmerzhaft, dass ich mir ein Ibuprofen reinpfeiffen musste. Vollkommen verschwitzt und mit fehlendem Gehör stand ich am nächsten Morgen auf. Die weißen Laken des Kopfpolsters waren getränkt in Gelb und Rot. Scheinbar waren die Bakterien und die Viren am Durchfeiern und zerlegten mir mein Mittelohr. Da traf es sich doppelt gut, dass ich mich gerade auf der Sportwoche in der Steiermark befand. Natürlich kann man da so gar nicht einfach einmal so zum nächsten Arzt gehen. Also pfiff ich, meinem Ohr zum Dank, ein neues Ibuprofen rein und begrüßte mit einem schmerzenden Lächeln auf den Lippen meine lieben Schüler im Speisesaal. Der Lärmpegel dürfte exorbitant gewesen sein, denn meine drei Kollegen versuchten immer wieder die Kinder zu besänftigen. Dank meines Monohörstatus störte mich die Geräuschkulisse nur am Rande meines Lauschangriffs. Als Leiter der Sportwoche delegierte ich gekonnt das Tagesgeschehen und erwarb um ganze fünf Euro ein altes Rad, welches mich in das acht Kilometer entfernte Neuberg brachte. Erleichtert stieg ich vom Rad und schwang meinen durchschwitzten Körper in die Praxis. Dort wurde mir sofort ein Tropfen Blut abgenommen und der Arzt stellte nach einer kurzen Untersuchung fest: Mittelohrentzündung! Wenn sie sich fit fühlen, dann steht der Sportwoche nichts im Wege. Also fuhr ich nun mit Antibiotika im Handgepäck bergauf zurück und war dann gegen Mittag doch ziemlich bedingt. Nach zwei weiteren Ibuprofen sollte ich mich ausruhen, da ich nun erhöhte Temperatur hatte. Meine drei Kollegen gaben mir eine Auszeit und schupften den Laden. Nach dem Schlaf ist bekanntlich vor der Ordnung. In den kommenden Tagen tropfte immer mal wieder Blut oder Eiter aus meinem Gehörgang und es fühlt sich bis heute so an, als hätte ich Wasser im Ohrwaschl. Am Freitag ging es heim und ich trug mein Monoohr zum HNO-Arzt, der verschrieb mir Nasen und Ohrentropfen und wollte mir die Lauscher asap wieder auf Vordermann bringen. Dieses asap bedeutete aber einen Kontrolltermin, der noch ganze zehn Tage entfernt war. Das ewige Rauschen und fehlende Gehör machte mich mürrisch und sehr, sehr launisch. Ich musste den Menschen, mit denen ich sprach, erklären, weshalb ich so leise spreche und wieso ich ihnen so genau auf die Lippen starrte. Nach einem weiteren Termin beim praktischem Arzt, samt Gehörgangwäsche a la bonne heure, bekam ich erneut Antibiotika verschrieben. Dazu buchte ich einen vorübergehenden Krankenstand, weil es halt doch nicht so leiwand ist, ohne Gehörsinn die Racker zu unterrichten. Ich warte noch immer auf meine Lauscherspülung und hoffe, dass sich mein Gemütszustand allmählich verbessert. In freudiger Stereoerwartung, euer weudl

© Weudl 2023-06-05

Genres
Humor& Satire
Stimmung
Herausfordernd
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