von Herbert Schieber
Was war das nur für ein leichtes, sorgloses Leben. Mein zwanzigster Geburtstag lag drei Jahre zurück. Ich hatte keine feste Freundin aber einen großen Freundeskreis, einen tollen Job, ein tolles Auto und wohnte noch im Hotel Mama. Fremde Leute grüßten mich auf der Straße, weil sie mich durch meine Auftritte mit meiner Musikband kannten.
Es war ein Samstag im Juli. Wir trieben gerade eine Hochzeitsgesellschaft musikalisch zur Höchststimmung. Im Kopf war ich jedoch wo anders, denn ich hatte ab Montag zwei Wochen Urlaub und noch keinen Plan. Am Ende der Hochzeit stand mein Entschluss fest: „Ich fahre am Montag an die Cote d’Azur!“
Reisepass, sommerliche Kleidung, etwas Geld, eine Straßenkarte und im Kofferraum das Schlauchboot meines Bruders, so startete ich unbedarft Richtung Süden. Eine Schlafgelegenheit für die Urlaubstage hatte ich auch schon gebucht. Es war der Beifahrersitz meines sechszylindrigen Ford Taunus Ghia, dessen Innenraum ohnehin einem gemütlichen Wohnzimmer glich. Meine angepeilten Ziele waren Monaco, Nizza, Cannes, St.Tropez und ich hoffte, mit der einen oder andere Berühmtheit gemeinsam einen Kaffee zu trinken.
Ich stand in Monaco am Grab von Grace Kelly, lernte die nicht so reinlichen Hintergassen von Nizza kennen und ich suchte am Strand des weltbekannten Carlton in Cannes vergeblich nach noch lebenden Filmschauspielern. Ich sammelte Eindrücke für Erzählungen daheim. Doch ich lernte leider auch anderes kennen.
Nach einer Fahrt über die Corniche-Küstenstraße erreichte ich St.Tropez. Im weltberühmten Yachthafen fand ich weder das Sexidol Brigit Bardot, noch den schusseligen Luis de Funes. Daher setzte ich meine Berühmtheitensuche im Ortszentrum fort. Während ich Ausschau hielt, übersah ich einen hohen Randstein. Rumms! Mein Auto war auf einer etwa 30cm hohen Verkehrsinsel gestrandet. Aus dem Nichts waren plötzlich zehn Leute da und hieften meinen etwas beschädigten Boliden wieder auf die Straße. Ohne dass ich „merci“ sagen konnte, waren sie wieder weg. Ein echt nettes Volk diese Franzosen.
Ohne Promikontakt verließ ich die Küste. Im Hinterland präsentierte sich mir dafür eindrucksvoll die im Parfümduft liegende Stadt Grasse und der imposante Grand Canyon du Verdon. Doch da war auch noch das Schlauchboot im Kofferraum. Um es zu nutzen, unternahm ich noch mitten in der Nacht eine Vollmond-Bootsfahrt auf einem Stausee. Ich ruderte hinaus. Dabei lehrte mich plötzlich das schwarze Wasser unter mir das Fürchten. Nie wieder!
Weiter ging es auf der Route Napoleon durch die wunderbare Provence in Richtung Heimat. Die Schweiz und Österreich durchquerte ich dann im Eiltempo. Bereits sechs Tage nach meiner Abreise war ich wieder daheim.
Diese Blitzreise hinterließ aber tiefe Spuren. Denn noch drei Mal lockte mich die Cote d’Azur, da aber als Campingurlauber mit Frau und Kinder. Wir nahmen uns dann aber immer ausreichend Zeit, um dieses wunderbare Fleckchen Erde zu genießen!
© Herbert Schieber 2019-10-30