von Line33
Dieser Moment kurz vor dem Aufwachen ist einer meiner liebsten. Das wohlig warme Gefühl, unter der Decke zu liegen, das Gefühl des Ausgeruht-Seins – wenn man nicht zu wenig geschlafen hat natürlich – und die ruhige, angenehme Atmosphäre, wenn das Zimmer selbst noch schläft. Das Zaudern, wenn man versucht, die Augen zu öffnen, aber eigentlich noch nicht wirklich wach werden will, kombiniert mit dem Strecken des Körpers, um in die Gänge zu kommen. Wenn man die Augen endlich offen hat, kommt die nächste Etappe… wirklich aufstehen. Das Rauswinden aus der warmen Decke ist das weniger angenehme Gefühl, wenn der kalte Hauch des über Nacht ausgekühlten Zimmers über die Beine streicht und man in diesem Augenblick ganz genau weiß, dass es nirgendwo so angenehm sein kann wie gerade jetzt unter der Bettdecke, aber was soll´s, man muss ja. Wenn die Beine dann endlich aus dem Bett sind, kommt die Suche, zumindest bei mir, denn noch sind die Augen immer noch nicht zur Gänze geöffnet. Handy, Brille, Zopfband, Wasserflasche, von der man gleich einmal einen Zug nimmt, taumelnd aufstehen und aus dem Zimmer schlurfen.
Geschafft, ich stehe, gehe und falle nicht hin, ein erster Sieg des Tages. So gerne ich das Aufwachen habe, so ungern stehe ich dann aber auf. Die Tür zu meinem Badezimmer quietscht in den Angeln und das weckt mich nun endgültig auf. Vielleicht ist das auch der Grund, warum ich sie noch nicht geölt habe. Endlich in der Wunderwelt der Fliesen, aktiviere ich das Licht, schrecke vor mir selbst zurück – Augenringe und bad-hair-day – und schleiche weiter in die Küche, denn ohne Kaffee geht bei mir einmal gar nichts in der Früh. Diese Aktivität entschädigt mich allerdings wieder, denn allein der Geruch von Kaffee hat eine beruhigende Wirkung auf mich. Während meine Bialetti vor sich hin blubbert, erledige ich meine morgendliche Routine.
Wenn ich alles erledigt habe und fertig angezogen bin, ist der Morgen dann doch nicht mehr ganz so schlimm. Das schwarze Morgengesöff ist fertig aufgebrüht, die Küche hat diesen einmaligen Kaffeegeruch und ich kann mich nun in Ruhe auf meine vier Buchstaben pflanzen und einmal ankommen. Dieses Gefühl des Gehetzt-Seins kann ich gar nicht leiden, deswegen bin ich auch der typisch überpünktliche Mensch, denn ich will einfach keinen Stress in der Früh. Der Stress kommt noch früh genug, wenn man in der Arbeit ist und man einfach funktionieren muss, aber zu Hause oder in meiner Freizeit will ich das einfach nicht. Also schlürfe ich genüsslich mein Heißgetränk, lächle wie ein Honigkuchenpferd vor mich hin und schaue aus dem Fenster meines Wohnzimmers auf die Stadt, die ebenfalls gerade wach wird. So wie ich kommt auch Wien nur langsam in die Gänge, aber genau das finde ich gut, denn eine Stadt, die niemals schläft, brauche ich nicht. Beim letzten Schluck fährt die Tram an meinem Fenster vorbei, es ist also kurz vor 5:45 Uhr, d.h. für mich Aufbruch und nun beginnt der stressige Part des Tages…
© Line33 2020-09-18