von Astrid Holzinger
Musicals sind etwas Herrliches! Für mich vereinen sie zwei Dinge, die noch perfekter zusammen passen, als Gin und Tonic. Sie verbinden Geschichten mit Musik! Und wenn man diese beiden Zutaten zusammenmischt, entsteht etwas Besonderes. Ein Feuerwerk der Gefühle. Ja, ich weiß, bei manchen Menschen erzeugen Musicals Schrecken und Abneigung, aber für Andere ist es eine wahre Bereicherung.
Ich habe mich bereits als Kind mit Film-Musicals auseinandergesetzt. Meine Einstiegsdroge waren ganz klar die Disneyfilme, allerdings wurden sie in der Gymnasiumszeit erweitert. Grease, Hair, West Side Story – sie alle habe ich geliebt. Nicht nur wegen der großartigen Lieder, der Tanzeinlagen und der Outfits. Auch die behandelten Thematiken habe ich durch das unschlagbare Duo von Story und Musik leichter verstehen und verarbeiten können.
____
Meine allererste Städtereise habe ich von meiner Tante zur Firmung geschenkt gekommen. Wir sind in die Stadt meiner Träume geflogen: Paris. Mit meinen 12 Jahren wollte ich natürlich Klassiker, wie den Eiffelturm und Notre-Dame sehen, aber der für mich wichtigste Halt war eine ungewöhnliche Sehenswürdigkeit für ein junges Mädchen: Ich wollte unbedingt die Windmühle von Moulin Rouge sehen. Denn diese Mühle hat mich im Film mit Nicole Kidman und Ewan McGregor verzaubert und ich wollte ihre zirkusartige, verruchte und leidenschaftliche Atmosphäre spüren.
Wir spazierten also vom Montmartre hinab, vorbei an den vielen Straßenkünstler, den kleines Cafés und Crêperien. Es war einfach malerisch. Meine Tante, die schon immer sehr interessiert an Kunstgeschichte war, hat mir viel über die französischen Impressionisten erzählt. So rief ich mir in diesem Augenblick die bekannte Lithographie von Toulouse-Lautrec in Erinnerung. Ich stellte mir vor, wie er durch diese magischen Gassen spaziert und sich von der Stadt inspirieren lässt. Und wie “La Goulue” sich mit einer Tasse Kaffee und einer Zigarette auf ihren Auftritt im Moulin Rouge vorbereitet. Mein Herz pochte, ich war so aufgeregt.
“Vielleicht würde ich eine Kurtisane antreffen? Würde ich sie erkennen? Kann ich vielleicht einen Blick hineinwerfen auf die Bühne?”
Meine Tante riss mich aus meinen Tagtraum. Wir waren an einer stark befahrenen Straße. Es war furchtbar laut. Sie deutete mit ihrem Zeigefinger auf ein Haus, welches mich ein bisschen an das St. Pöltner Volksfest erinnerte. Dieses niedrige Haus wirkte komplett deplatziert zwischen zwei mehrgeschossigen Häusern. Die Aufschrift leuchtete rot und es war ein kleiner Aufsatz auf dem Dach. “Soll das etwa eine Windmühle sein?” Meine Enttäuschung stand mir ins Gesicht geschrieben. “Das ist es also?” Meine verzerrten Träume des bekannten Etablissements sind wie eine Seifenblase zerplatzt. So muss es sich für Kinder anfühlen, wenn ihnen viel zu früh gesagt wird, dass es das Christkind nicht gibt.
Wenigstens Ewan McGregor hätte da sein und Your Song singen können! Also wirklich…
© Astrid Holzinger 2020-12-21