von Josef_Raben
Nach mehrwöchigen Aufenthalten in Mombasa und Daressalam waren wir nun mit der Tabora wieder auf dem Rückweg nach Europa. Der zweite Stopp in Mombasa war der letzte vor dem langen Schlag nach Norden. Nach dem eintönigen Rostklopfen und Malen auf der Hinreise fanden wir die Arbeit in den Häfen interessant und abwechslungsreich. Das bordeigene Ladegeschirr in Aktion zu erleben war eben etwas anderes, als es nur zu konservieren. Die Ladungsarbeiten an Deck und in den Luken waren Neuland, aber auch der Maschinenraum hatte Unerwartetes zu bieten. An Reinigungsarbeiten waren wir gewöhnt, doch was jetzt auf uns zukam, übertraf unsere kühnsten Erwartungen. Wir sollten den Spülluftkanal der Hauptmaschine reinigen. Eine meterlange Stahlröhre von knapper Stehhöhe voll festgebackenem Ölschlamm, dunkel und stickigheiß. Auch zwei Kesselpäckchen inkl. Kopftuch waren schnell durch – von innen mit Schweiß und von außen mit Öl. Eigentlich ein Fall für die “Schietgäng”, aber der Chief-Ing. hatte die Idee, uns Decksjungen da reinzuschicken. Eine Erfahrung, auf die ich gerne verzichtet hätte. Nie hat eine kalte Cola besser geschmeckt.
Doch es gab noch etwas anderes, auf das wir alle gerne verzichtet hätten. In den frühen Morgenstunden waren wir ausgelaufen und ließen nun das faszinierende Ostafrika hinter uns. Während wir in Richtung Europa unterwegs waren, setzte die Bordroutine wieder ein. An Deck wurden die Luken und das Ladegeschirr instandgesetzt, wir führten Bootsmanöver durch und übten uns im Steuern. Ganz nebenbei war die Tabora längst zu unserer vertrauten Umgebung geworden und wir freuten uns schon auf die kommenden Reisen zwischen Europa und Ostafrika. Doch es sollte anders kommen. Die Nachricht erreichte uns im Mittelmeer und der Kapitän versammelte die Crew in der Messe. Alle warteten gespannt und dann war es heraus: Die Tabora sollte in Rotterdam ausgeflaggt werden!
Die Nachricht war für alle ein Schock. Das Schiff kam aus steuerlichen Gründen unter die Flagge von Togo. Neuer Heimathafen war Lomé. In Hamburg würde die deutsche Crew größtenteils ausgetauscht werden. Wir Decksjungen und die Offiziersbewerber mussten das Schiff sogar schon in Rotterdam verlassen, denn wir durften unsere Ausbildung nur auf einem Schiff unter deutscher Flagge absolvieren. Die Reederei hatte als neues Ausbildungsschiff die “MCS Transvaal” vorgesehen, ein Vollcontainerschiff im SAECS-Dienst, dem Southafrican-Europe-Container-Service. In Rotterdam kam es noch zu einem seltenen Zusammentreffen. Unser Schwesterschiff MS Tagama lag auf dem Liegeplatz hinter uns und eben lief auch die Transvaal in den Hafen ein.
Passend zum bitteren Abschied gab es vom Bootsmann für alle ein Glas 80prozentigen Rum, der einem den Atem raubte und die Tränen in die Augen trieb. Wehmütig gingen wir von Bord und richteten uns für drei Tage im Seemannsheim ein, bevor wir auf der Transvaal einstiegen, wo uns neue Herausforderungen erwarteten.
© Josef_Raben 2021-03-29