Muffins

Larissa Feiß

von Larissa Feiß

Story

Gestern träumte ich von einer Kindheitserinnerung an meinen besten Freund. Ich war gerade alt genug um alleine in der Küche werkeln zu können. Es war mein erster Versuch Muffins zu backen. Der Teig hatte einen unverkennbaren Geschmack nach Joghurt, Pflanzenöl und Natron. Eine sehr prägende Erinnerung. Ein Geschmack aus meiner Kindheit, den ich so liebte. Als ich dann die dampfenden, frisch gebackenen Muffins aus dem heißen Ofen nahm, kam mir dieser typische Geruch entgegen. Später konnte man die luftigen Gebäcke etwas zusammendrücken und die dehnten sich wieder zur ursprünglichen Form zurück. So musste ein richtiger Muffin sein, innen zart und außen goldgelb. Ich gab mir viel Mühe den dicken Zuckerguss aus Zitronensaft und Puderzucker auf die Muffins aufzutragen. Manchmal tropfte es herunter und alles war klebrig. Danach ich war über und über mit Guss. Aber ich war so stolz. Zum Schluss kamen noch viele bunte Streusel auf die Muffins und ich wartete geduldig, bis die Glasur trocken geworden war. Dann erst packte ich den Schönsten von ihnen behutsam ein.

Auf diesen Muffin steckte ich eine kleine Kerze und trug sie zu meinem besten Freund. Ich zeigte ihm mein erstes selbstgemachtes Gebäck und er staunte nicht schlecht. Nun zündete ich sie an und sang ihm ein Geburtstagslied. Ich war noch nicht fertig, als Marius um die Ecke geschossen kam und die Kerze einfach ausblies. Er lachte frech und machte sich gleich darauf aus dem Staub. Sebastian und ich sahen uns kurz erschreckt und traurig an, doch dann rannten wir Marius hinterher. Wir verstanden uns immer ohne Worte. Der kleine Marius wollte sich verstecken, doch wir fanden ihn und sperrten ihn in unser Baumhaus. Das Baumhaus hatten Sebastian, Marius, ich und deren Vater gebaut. Es war unser Rückzugsort, ein tolles Versteck und manchmal unser Gefängnis für Verbrecher. Dort hörte Marius endlich auf zu lachen und versuchte vergeblich zu entkommen. Sebastian und ich waren wirklich ein tolles Gespann.

Zufrieden saßen wir unterm Baumhaus und hörten Marius oben um Gnade flehen. Wir waren so glücklich, es war so eine schöne Zeit. Wir sprachen laut über weitere Foltermethoden, die wir an Marius ausprobieren wollten, um ihn zu bestrafen. Irgendwann bekam er es mit der Angst zu tun und fing an zu weinen. Dann kam seine Mutter mit Baby Tamara auf dem Arm und verhandelte mit uns um seine Freilassung. Wir ließen ihn frei, nachdem seine Mutter eine Tasse Kakao für jeden von uns in den Garten gebracht hatte. Natürlich bekam Marius auch eine zu trinken und die Welt war wieder in Ordnung. Während der Muffin noch in der Küche stand und der dünne Rauchfaden der Kerze langsam verflog.

© Larissa Feiß 2025-01-26

Genres
Essen & Trinken
Stimmung
Abenteuerlich, Unbeschwert