Multikulti-Weihnachten

Barbara Riccabona

von Barbara Riccabona

Story

Also ist wieder einmal Weihnachten und es haben sich jede Menge Gäste angesagt. Meine vier Kinder mit den jeweiligen PartnerInnen und Freunden derselben. Ich habe alle Hände voll zu tun, um passende Schlafgelegenheiten zu richten. Zum Glück ist meine Wohnung groß, mit hohen, einzeln zu schließenden Räumen, die alle zu benützen sind, weil ich meine berufliche Tätigkeit über die Feiertage stillgelegt habe. Ich tapeziere und teile mit Tüchern und Paravents nicht- wohnliche Details ab, installiere behagliche Beleuchtungen und stelle Kleiderablagen bereit.

Die nächsten Vorbereitungen gelten dem raumhohen Weihnachtsbaum und dem Aufstellen und Schmücken der geschnitzten Krippe aus dem Grödnertal mit Maria, Josef und dem Kind, den vielen kleinen Holztieren nebst den unvermeidlichen Hl. Drei Königen samt ihrem stattlichen Kamel. Ich bedecke ein kleines Tischchen mit dunkelgrünem Samt und verteile die Krippe unterhalb eines knorrigen Wurzelstocks als Behausung. Den Baum schmücken wir alle miteinander.

Die mailändischen Gäste sind traditionell katholisch, der Luxemburger Partner einer meiner Töchter ist lutherisch oder eher nicht konfessionell, der Rest indifferent mit katholischen Wurzeln, und Andy, der senegalesische Freund der anderen Tochter, ist Moslem. Da denke ich mir, wir lesen vor dem mit brennenden Kerzen erleuchteten Christbaum einfach die historische Weihnachtsgeschichte auf Englisch. Ich biete an, Weihnachtslieder auf dem Klavier zu spielen, damit wir alle dazu singen können.

So wird’s gemacht, und wir haben unglaublich Spaß bei diesem kunterbunten Weihnachtsfest, speziell, weil der Luxemburger, in London Rundfunksprecher mit sonorer Stimme, die Story liest und dabei immer die jeweiligen Figuren der Krippe, wie Maria, Josef, Engel, Hirten und die Könige zur Veranschaulichung heraushebt und herumgehen lässt.

Das Weihnachtsfestmahl in meinem Haus hat sich schon etabliert. Wir essen kein Schweinefleisch oder Bratwürstl mit Sauerkraut am Hl. Abend, wie in der umgebenden Region üblich. Ich halte mich seit Jahren an ein abgewandeltes Fondue, wobei die Rindsfilettaler auf einer Platte gebraten werden. Also geht das auch für Andy in Ordnung und uns schmeckt es sowieso. Vieles ist schon vorbereitet, den Rest erledigen wir alle zusammen in wirklich fröhlicher Runde.

Natürlich fallen wir einander pausenlos in die Arme, beglückwünschen uns, singen und schunkeln. Das Alltagsleben ist zur Gänze ausgeblendet.

Nach der langen und gelungenen Weihnachtsnacht müssen die Mailänder am darauffolgenden Tag abreisen. Der Kern bleibt hier bis zur traditionellen Feier am übernächsten Tag, einer Gesamteinladung aller Verwandten mit Anhang im Haus eines meiner Brüder auf dem Land.

Die Pointe der Geschichte? Es gibt keine, wir sind geschafft und müssen uns zwischenzeitlich erholen. Nach dem gemeinsamen festlichen Frühstück machen wir es uns bequem und genießen.

© Barbara Riccabona 2021-12-15

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