Murano

GONI

von GONI

Story

Schule,

das Fach Geografie.

Es ist Herbst, die Mitschüler reden vom Urlaub.

Die Schüler der halben Klasse reden von ihrem Italienerlebnissen.

Das nervt mich sehr, denn an Urlaub in den Ferien ist bei uns nicht zu denken. Wir sind nur zu dritt, Mutter, Schwester und ich. Meine Mutter macht eine Ausbildung als Röntgenschwester im AKH.

Als Aufgabe erhalten wir die Flüsse Europas, so nach und nach lernen wir die einzelnen Länder kennen. Ich bin noch in der Pause, Italienfrust gegenwärtig, der Professor prüft schon, ich wirke abwesend, da ruft der Prof. mich auf. Wo ist der Po? Ich bin überrascht und mir fällt nichts ein. Schon wieder Italien, denke ich noch. Da schießt meine Antwort ganz unbedacht aus mir heraus.

Keine Ahnung – ich war noch nicht dort. So eine unsachliche Antwort habe ich nie mehr gegeben. Setzen, nicht genügend, tönt es vom Katheder herunter.

Ich habe von den Großeltern einen Uhrenkasten, mit geschliffenen Glasscheiben, der dient mir als Vitrine. Alles Heikle, das ich bekomme, sperre ich da ein. Ein Freund der Familie kommt weit herum, und bringt mir einen geschnitzten Schwarzen mit. Souvenir aus Afrika. Er stand nicht gut, hatte keinen Platz, also hänge ich die Figur einfach am Hals auf. Dann verschwand Lumumba 1961 und wurde erschossen aufgefunden. Nun hatte mein gehängter Schwarzer einen Namen. Patrice Lumumba, Präsident des Kongo. Unter ihm stehen Glasfiguren, 10 gibt es noch, die mich an Murano erinnern sollen, Verwandte, Bekannte bringen mir die Souvenirs aus ihren Italienurlauben mit. Lange habe ich nicht gewusst, dass Murano bei Venedig liegt. Es sind noch die echten Murano- Handarbeiten, nicht wie heute die chinesischen Figuren. Jede ist anders. Auch in Wien gab es früher kleine Glasbläserwerkstätten. In der rechten Wienzeile, nahe der Pilgramgasse hat ein Glasbläser kleine Wasserteufelchen geblasen. In allen Farben, aber rot waren sie besonders hübsch. Die werden ganz vorsichtig in eine randvolle Flasche gegeben, die mit einem Gummi dicht verschlossen wird. Wenn du nun auf die Membran drückst, sinkt der hohle Wasserteufel langsam nach unten, lässt du los, steigt er wieder. So ließ ich zu vielen Gelegenheiten mein Teufelchen auf und ab tanzen, dass ich einmal vom Glasbläser geschenkt bekomme. Ich habe dort in der offenen Tür lange gestanden und ihm bei der Arbeit zugeschaut. Klein Murano im Fünften.

Bis heute habe ich es nicht bis nach Venedig geschafft, war nicht in Murano etc., aber heute könnte ich es mir leisten. Die Bilder von Kreuzfahrtschiffen in der Lagune, die zahlreichen Überschwemmungen und die Massen von Menschen schrecken mich ab. Muss das noch sein – Goni in Venedig oder Murano?

Da genügt mir der wohltuende Kommissario Brunetti und warte bis er wieder einmal ermittelt. Auch das natürlich Fiktion, aber die echten Kulissen sind einfach herrlich anzusehen, ganz gemütlich von zu Hause aus.

© GONI 2020-05-05

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