von Anne Georg
Die Musen waren Hesiod zufolge neun geflügelte Göttinnen der Künste und des Wissens. Sie waren Töchter von Zeus und Mnemosyne und weibliche Schutzgöttinnen der Künste. Mit Gesang oder Tanz unterhielten sie die Götter des Olymps und inspirierten Dichter, Künstler und Bildhauer in ihren Werken. Als Inspirationsquellen dienend, gaben sie ihnen ihre einmaligen künstlerischen Eingebungen. Daher wurden sie zu Beginn eines Epos oder eines Dramas oft von den antiken Dichtern angerufen. Die Anrufungen der Musen gehörte seit Homer zur Tradition der antiken Dichtkunst, später wurde sie auch an Stätten des geistigen Lebens wie Schulen oder in Philosophenkreisen etabliert. Die ersten Worte der Ilias von Homer lauten etwa folgendermaßen: „Vom Zorn singe mir, Muse des Peleussohnes Achilles!“. Seine Odyssee beginnt hingegen mit den Worten: „Den Mann nenne mir, Muse, den vielgewandten (…)“. Alle neun Musen waren in der griechischen Mythologie jeweils mit einem oder mehreren Symbolen verknüpft, die jedoch wechseln konnten. Die neun musischen Schwestern hießen:
Kalliope (Calliope), die Schönstimmige: Muse der epischen Dichtung, Attribute: Wachstafel und Griffel
Kilo (Clio), Ruf: Muse der Geschichte, Attribute: Buchrolle oder Tafel
Euterpe, Frohsinn: Muse des Flötenspiels, Attribut: das Rohrblattinstrument Aulos
Terpsichore, Freude am Tanz: Tanzmuse, Attribute: die Lyra
Erato, die Liebliche: Muse der Liebesdichtung, Attribut: ein Saiteninstrument
Melpomene, die Singende: Muse der Tragödie, Attribut: tragische Maske
Thalia, Festesfreude: Muse der Komödie, Attribut: komische Maske
Polyhymnia, viele Lieder: Muse der ernsten Musik, Attribut: Leier
Urania, die Himmlische: Muse der Astronomie, Attribute: Himmelsglobus und Zeigestab
In antiken Erzählungen waren sie oft singend und tanzend mit dem Lichtgott Apollon unterwegs, der deshalb den Beinamen Musagetes – der Musenführer – trug. Der Sitz der Musen war die Landschaft Pierien am Nordfuß des Olymp, meistens das Helikongebirge, später auch der Berg Parnass. Sterbliche, die es den Musen in der Gesangskunst gleichtun und sich mit ihnen messen wollten, wurden von ihnen eines Besseren belehrt und bestraft. In einem Gesangswettstreit mit ihnen unterlagen zum Beispiel die Sirenen und mussten als Bestrafung ihr Gefieder einbüßen. Auch der Sänger Thamyris unterlag in einem Gesangswettkampf und die Musen stahlen ihm sein Augenlicht und sein Gesangstalent.
© Anne Georg 2024-08-24