von Irene Hülsermann
„Dürfen wir Ihnen diese CD schenken?“, frech grinsend hielten mir zwei Jungs im Teenageralter die CD von den „Flippers“ entgegen. Ich konnte mir das Lachen nicht verkneifen. Ich war schließlich selber schuld. Hatte ich nicht kurz vorher laut durch den Laden gerufen: „Schau Chiara, wer mir diese CD schenkt, ist des Todes!“
Über Geschmack lässt sich streiten, über Musikgeschmack im Besonderen! In den 70er Jahren war ich ein Teenager, als junge Erwachsene klangen die 80er in meinen Ohren. So wurde ich von Genesis, Dire Straits, Toto, Police und Red Hot Chili Peppers geprägt. Ich war bei Open Air Konzerten von Rolling Stones, Santana, Manfred Mann, Supertramp und Bob Marley.
Ich hatte oft Glück, denn in Miami spazierten mein Freund und ich am Strand und wurden von einem Freikonzert der Beach Boys überrascht. In Donauwörth veranstaltete Bayern3 die Radltour Abschlussfeier mit einem kostenlosen Konzert von Steve Winwood. Unsere 5jährige Tochter war hell auf begeistert. Mit zehn nahmen wir sie zu einem Konzert von unserem Musikerfreund Stefano Messina mit. Dann eröffnete ein Freund den coolsten Live-Musikkeller in Donauwörth, den „Doubles Starclub“. Dort treten unbekannte und berühmte Künstler auf. Unter anderem schrieb ich für die „Donauwörther Zeitung“ Artikel über Sena Erhardt, Pete York und Steff Keller.
Herrlich die Klavierkonzerte, denen ich in München und im Castel Sant´Angelo in Rom lauschen durfte. Ein beachtenswertes Konzert erlebten wir in Urbino. Wir vernahmen unerwartet aus einem Gebäude wunderschöne Klänge und schauten vorsichtig durch die angelehnte Tür. Ein älterer Mann winkte uns hinein. Zögernd folgten wir der Aufforderung und lauschten der Darbietung des jungen Pianisten.
Ich habe schon immer ein Faible für die klassische Musik, allen voran Giacomo Puccini und Smetana. Mit meiner Mutter besuchte ich die Oper „Das Mädchen aus dem goldenen Westen“. In Donauwörth nahmen wir unsere kleine Tochter zu den Kulturtagen mit. Wenn sie von anderen Konzertbesuchern gefragt wurde, ob das nicht langweilig für sie sei, antwortete sie mit leuchteten Augen: „Nein, ich finde das so schön!“
Ebenso gefallen mir Musicals. Als ich zwei Freikarten für „Sisterella“ von Michael Jackson produziert, gewann, saßen mein Mann und ich in der ersten Reihe. Mitreißend auch das seit Jahrzehnten in Bochum präsentierte „Starlight Express“.
Unterm Strich: Ich höre fast alles gerne, von Rock, Pop über Klassik bis hin zu echter Volksmusik. Nur eines mag ich nicht, das sind Schlager und Pseudo-Heimatmusik. Als ich in den letzten Jahren häufig im Pflegeheim war, stellte ich immer wieder fest, dass dort den ganzen Tag nur solche Lieder liefen. Meine größte Angst ist es, irgendwann in so einem Raum zu sitzen und genau diese Musik anhören zu müssen, die mich auf Dauer reizt. Darum habe ich ein Testament geschrieben in der Hoffnung, dass man darauf eingeht. Darin sind viele Vorschläge enthalten, welche Art von Liedern ich bevorzuge.
© Irene Hülsermann 2021-07-27