von Daniela Sacko
Christine, ca. 6 Jahre alt. Ausgesetzt im Busch. Erkrankt an einer Lungenentzündung. Die Mutter hat die Familie verlassen und ihr Vater konnte nicht für sie sorgen. Also wurde sie fortgeschickt. Müde und krank fand Samuels Familie, Christine vor. Sie nahmen sie mit zu sich nach Hause. Pflegten sie gesund und machten ihre Familie ausfindig. Teilten ihnen mit, dass sie sich von nun an um sie sorgen würden. Gott würde einen Weg finden.
Wenige Wochen danach sollten wir uns bereits das erste Mal begegnen. Ich hatte Christine sofort ins Herz geschlossen. Wir lachten gemeinsam. Spielten Fußball, kuschelten abends auf dem Sofa und machten lustige Videos. Fuhren mit dem Auto rum, gingen Pommes essen und ich himmelte sie an. Meine -durch Zufall gewordene – Reisebegleiterin und ich teilten uns die Kosten für eine neue Uniform, neue Schuhe und die restlichen Schulgebühren bis zum Ende des Jahres. Es waren keine 20 Euro für jeden von uns. Sie wohnte nun in einer kleinen Hütte auf dem Grundstück, welches Samuels Eltern bewohnten. Sie teilte sich diese mit liebevollen Praktikantinnen, die aus Mombassa kamen, um an der Primary School in Khelela zu unterrichten.
Mein nächster Besuch im darauffolgenden Jahr, führte mich demnach auch gleich zu Christine. Wir brauchten einen ganzen Tag um 400 km „Highway“ zu überleben und Khelela im Westen Kenias zu erreichen. Dort wartete sie bereits. Sie hatte sich großartig entwickelt. In der Zwischenzeit sah ich sie zwar auf Bilder und Videos, kein Vergleich aber dazu, sie endlich fest in den Arm zu nehmen.
Ein wunderschönes Wiedersehen. Es war spät und wir fuhren in die nächste Stadt. Christine auf meinem Schoß, völlig übermüdet vom Tag schlief sie schnell in meinen Armen ein. Wenig später sagte dieses Mädchen etwas, das ein Gefühl in mir auslöste, welches ich weder beschreiben noch irgendwie vergleichen könnte. Der Moment als sie mich mit ihren verschlafenen Augen lächelnd ansieht und „Mummy is back“ flüstert.
Das ist nun über 3 Jahre her. Seither nennen mich viele Kinder so. Schon als kleines Mädchen, wusste ich, ich selbst würde keine Kinder bekommen. Ich teilte meinen Eltern und meiner Schwester bereits früh, aus voller Überzeugung mit, dass es so viele Kinder gibt, die keine Mama haben und ich eines Tages, deren Mama sein würde. War doch ganz klar. Ich malte mir als Kind sehr oft meine Zukunft aus und die sollte besonders werden. Anders.
Heute betreut unser Verein unter anderem viele Mädchen und Jungs in allen Altersklassen in Kenia. Ich liebe jeden einzelnen von ganzem Herzen. Ob Kinder in meinem Leben noch eine andere Rolle spielen werden, das weiß ich nicht. Ich weiß noch nicht, wo mich der Weg hinführt. Ich glaube daran, dass Gott einen Plan für uns hat. Mutter zu sein; mein eigenes Kind zu trösten, zu pflegen, mich mit ihm freuen, ihn zu lieben. Ob dieses Kapitel einen Platz in meinem Leben haben wird, das wird sich zur rechten Zeit zeigen. Daran glaube ich.
© Daniela Sacko 2020-05-17