von LillyMay
Ich weiß nicht, ob ich mich noch so lebhaft daran erinnern kann oder ob die Erinnerung aus den Erzählungen meiner Eltern kommt. Aber sie lieben diese Geschichte und deswegen möchte ich sie teilen.
Ich war wahrscheinlich nicht älter als vierJahre alt und habe das erste Mal so richtig verstanden, was der Muttertag ist. Mein Papa hat mir erklärt, dass wir Mama an dem Tag danke sagen. Für all die Sachen danke sagen, die sie so für uns macht. Er hat Schokolade gekaufte, ich glaube es waren Pralinen, und einen Blumenstrauß.
Abends als er mich ins Bett gebracht hat, hat er die Sachen unter meinem Hochbett versteckt und gesagt, wenn wir morgen früh aufwachen, dann darf ich Mama die Geschenke geben und ihr Danke sagen.
Ich war total aufgeregt und wollte ihr am liebsten die Geschenke sofort geben. Diese Ungeduld ein Geschenk zu verschenken habe ich übrigens bis heute beibehalten. Ist scheinbar so eine Eigenart von mir diese Ungeduld.
Aber nein, heute war ja noch kein Muttertag, also würde ich warten bis ich wach werde, um ihr die Geschenke ans Bett zu bringen.
Als ich die Augen aufmache habe ich nur einen Gedanken. Ich muss Mama die Geschenke geben! Also klettere ich von meinem Hochbett und nehme die Pralinen in die eine Hand und die Blumen aus der Vase in die andere Hand.
Ich gehe durch den Flur und stoße die Tür zum Schlafzimmer auf, die meine Eltern für mich immer angelehnt lassen.
Stolz stehe ich in der Tür, links die Schachtel Pralinen in der Hand und rechts den tropfenden Blumenstrauß und rufe: „Alles Gute zum Muttertag!“
Und meine Eltern, die fangen an zu lachen und können sich gar nicht wieder einkriegen. Etwas verwirrt reiche ich meiner Mama die Geschenke.
Als ich plötzlich in der Tür stand, waren meine Eltern wohl gerade erst ins Bett gegangen. Und ja, es war zwar Muttertag, aber es war erst kurz nach eins und mitten in der Nacht.
Meine Mama sagt, dass sie dieses Bild von mir nie vergessen wird. Wie ich, um ein Uhr nachts in der Tür von Schlafzimmer stehe und ihr den komplett nassen und tropfenden Blumenstrauß in die Hand drücke.
Ich meine Entschuldigung bitte, aber mein Papa hätte ja mal ein bisschen spezifischer sein können. Er hätte doch sagen können, wenn ich dich morgen Früh wecke oder so…
Danke für alles Mama, ob mitten in der Nacht oder per Brief, das kann man nicht oft genug sagen. Deinetwegen bin ich die, die ich heute bin. Hab dich lieb, deine Tochter.
© LillyMay 2020-09-06