Muttertag – oder: ein Mann für alle Fälle

ChristianeK

von ChristianeK

Story

Am Sonntag war es also wieder so weit. Trotz meiner nun schon mindestens 15 Mal getätigten Unnötigkeitsbescheinigung fühlte sich meine Familie wieder bemüssigt, mir einen Muttertag zu gestalten.

Genau genommen begann das ja schon in der Woche davor. Irgendwann entdeckte ich eine bestätigte, aber von mir nicht gelesene Schoolfox Nachricht der Lehrerin des Volksschülers, die – streng geheim und von mir bitte fernzuhalten – ein Muttertagsgedicht enthielt. Gehorsam, wie ich sonst nie bin, druckte ich dieses aus und legte es, natürlich „verkehrt herum“ meinem lieben Sohn hin. Auf meine dezent-rhetorische Frage, ob er das nicht vielleicht schon von seinem Papa bekommen habe, gab´s nur ein gemurmeltes „Nein“.

Samstag Abend kam der mich an Größe bereits überragende Pubertierende mit einem verschmitzten, leicht betörenden Lächeln auf mich zu und fragte suggestiv: „Mama, Du stehst morgen eh nicht vor neun Uhr auf, oder?“ Seufzend verneinte ich. Ein gutes Buch liegt, zur Sicherheit, immer auf meinem Nachtkasterl.

Am Morgen stelle ich mich möglichst lange schlafend bzw lese heimlich (alles Glück kommt nie, schien mir passend). Unten klappert das Geschirr mit dem Rattern der Orangenpresse um die Wette, Treppen werden auf- und abwärts belaufen und irgendwann geht die Türe auf und meine Kleine springt zu mir ins Bett. Kuschelt sich an mich, busselt mich ab, schaut mich mit ihren dunkelblauen Augen an und meint theatralisch: „Mama, weißt Du wie lieb ich Dich hab?“ „Von hier bis zum Mond und wieder zurück?“ frage ich, schließlich hab ich ihr das Buch ja vorgelesen. „Nein, bis zur Sonne, um die Sonne herum und dann in die Milchstraße und bis zur nächsten Kalogsi!“ „Was, so weit? Bis in die nächste Galaxie?!“ ich muss lachen. Schwupps, ist sie weg, was ich als Zeichen missverstehe, dass mein Erscheinen im Untergeschoß nun erlaubt ist.

Zu meiner Überraschung werkelt mein Mann alleine in der Küche und ich helfe ihm achselzuckend bei den Vorbereitungen. Hinter uns, im Esszimmer, höre ich Porzellan scheppern. Vom Garten stürmt der Mittlere herein, versteckt seine Hand hinter dem Rücken und verschwindet im Esszimmer. Beide Söhne bedeuten mir nun feierlich, einzutreten. Auf meinem Platz steht ein selbst bemaltes Kaffee-Häferl, ein frisch aus dem Garten hereingezauberter Blumenstrauß und eine selbst gebastelte Karte mit dem Gedicht. Ich bin natürlich sehr gerührt und bedanke mich bei meinen Kindern. „Die Lilly hat aber gar nichts gemacht!“ ereifern sich der Mittlere und der Große in seltener Einigkeit, worauf der Papa meint: „naja, und das Frühstück, das ist von mir!“ Lilly wirft ihre langen Locken kokett in den Nacken, strahlt zuerst mich und dann die anderen an und meint: „Ich hab Mama schon längst gesagt, wie lieb ich sie hab und für das hier hab ich ja Euch drei: einen Mann für alle Fälle!“

Photo by Jon Tyson on Unsplash

© ChristianeK 2020-05-11