My second home

labalo

von labalo

Story

Seit ich mich erinnern kann war es da gewesen, das Wohnmobil. Genauer genommen haben meine Eltern es im Herbst 2006 gekauft, damals war ich ein halbes Jahr alt. Unser Wohnmobil war groß und sehr gemütlich, hatte zwei Betten, ein Bad, eine Küche, kurzum alles was man zum Leben braucht.

Als ich dann ein Jahr alt war, machten wir mit unserem Wohnmobil eine halbjährige Reise und besuchten Sardinien, ganz Skandinavien und einige Länder des Baltikums. Von da an unternahmen wir immer wieder Reisen quer durch ganz Europa. Das Campingleben gefiel uns, komplett ungestresst durch das Leben zu gehen und für uns neue Plätze der Welt kennen zu lernen. Mein Papa rechnete aus, dass ich, als ich fünf Jahre alt war, ein Jahr meines Lebens im Wohnmobil verbracht hatte -es war mein zweites Zuhause geworden!

Jetzt stellt sich die Frage, wie man ein Kind auf den stundenlangen Autofahrten beschäftigen kann. Ganz einfach: die Hörspiele vom kleinen Kobold Pumuckl! Wir hatten ca. 100 Folgen Pumuckl auf CDs und hörten diese auf und ab. Mir gefielen die Geschichten und auch für meine Eltern waren sie sehr unterhaltsam, noch heute kann ich manche Teile der Texte auswendig mitsprechen. Ein Highlight für mich war immer, wenn ich vorne sitzen durfte, da man im Wohnmobil so hoch über der Straße sitzt.

In meiner Schulzeit wurde das Reisen für uns natürlich schwieriger. Wir mussten uns an die Schulferien halten und somit immer in der Hauptsaison wegfahren, dennoch machten wir uns bei jeder noch so kleinen Gelegenheit aus dem Staub und sei es ein verlängertes Wochenende. Nach und nach füllte sich die Weltkarte an meiner Wand mit roten Stecknadelköpfen, sodass Europa bald schon gar nicht mehr zu sehen war. Im Frühjahr fuhren wir gerne in den Süden, nach Südtirol oder Kroatien, in den Sommerferien gings für uns meistens nach Mitteleuropa oder in den Norden.

Was ich am Reisen mit dem Wohnmobil am meisten mochte, war der Camping-Alltag: In der Früh wird ausgeschlafen, bis einem der Duft von Kaffee in die Nase steigt, dann wird gemütlich gefrühstückt. Am Tag fährt man dann entweder weiter zu einem neuen Standplatz, sieht sich Städte und Museen an, unternimmt einen Ausflug mit dem Rad oder Paddelboot, oder macht irgendetwas anderes. Wenn man dann am Abend wieder zum Wohnmobil zurückkommt, hat man meistens großen Hunger und kocht oder grillt. Zwischendurch hat man immer wieder Zeit zum Entspannen, Boccia spielen, in der Hängematte Lesen und Spaß haben.

2018 haben wir unser Wohnmobil verkauft. Meine Eltern haben sich dazu entschlossen, die große, weite Welt außerhalb Europas zu entdecken. Die Abschlussfahrt ging nach Innsbruck, ich weiß noch genau, wie mein Papa vor dem Haus den Motor abstellte und Mama nur sagte: „Das wars.“

Ich kann mich noch erinnern: An den Geruch, das Geräusch des Motors, das Quietschen der Kastentüren, an das Rütteln, wenn wir über Landstraßen fuhren. Alles nur noch Erinnerungen an mein zweites Zuhause.

© labalo 2020-03-28

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