Mystisches und eine Kussorgie

Ulrike Sammer

von Ulrike Sammer

Story

„Im Salzkammergut, da kann man gut lustig sein“ heißt es in der Operette „Im weißen Rössl“ von Ralph Benatzky. Und wirklich: Das Salzkammergut mit seinen vielen Seen, hohen Bergen und interessanten Orten ist so vielfältig, dass es schwierig ist zu entscheiden, was man sich an diesem Tag anschauen möchte.

Diesmal zog es meinen Mann und mich zum Traunsee. Wir waren mit genauen geomantischen Unterlagen unseres volkskundigen Freundes Günter Kantili ausgerüstet und wollten der alten Kultstätte in Traunkirchen genügend Zeit widmen. Traunkirchen ist eine in den Traunsee vorspringende Felsnase mit der Johanneskapelle (1614) obenauf. Der Hügel wird von der Bevölkerung „Odinstein“ genannt. Wir folgten einem gut mit historisch erläuternd beschilderten Weg. Auf dem Felsen befand sich vor 5000 Jahren eine bedeutende Kultstätte für Priesterinnen. In der Hallstattzeit (800 -300 v.Chr.) wurde ein Sonnengott verehrt, dann übernahmen die Kelten den Platz und danach die Römer. Funde belegen alle diese Perioden. Sehr früh wurde der Platz mit einer Johanneskapelle christianisiert, denn um 1030 entstand neben diesem energetisch stark strahlenden Ort bereits ein Nonnenkloster.

Vom Kulthügel gingen wir zum Kloster hinunter. In der prächtigen Kirche faszinierte uns vor allem die großartige Fischerkanzel. Die Fischerkanzel in der jetzigen Pfarrkirche, der ehemaligen Klosterkirche wurde 1753 von einem nicht genannten Künstler geschnitzt. Sie hat die Form eines ausgebreitet goldenen Fischernetzes, das reich mit silbernen Fischen gefüllt ist. Sie stellt das Wunder des reichen Fischfangs dar. Aus dem Netz fließt das Wasser in silberglänzenden Strömen hinab. Die Apostel Jakobus und Johannes im Boot ziehen das mit Fischen gefüllte Netz empor. Im Hintergrund steht Christus. Auf dem Schalldeckel ist ein großer goldener Krebs, flankiert von eingeborenen Heiden. Man kann nur staunen!

Am Nachmittag kehrten wir in die Metropole der Operette, nach Bad Ischl zurück und besuchten die berühmte alte Konditorei „Zauner“, die es hier seit 1832 gibt. Die Zaunerstollen werden in die ganze Welt versendet und sind beliebte Mitbringsel. Auch wir vergönnten uns eine Scheibe dieser Kalorienbombe. Der Biss in diese knisternde, schokoladige Nougatmasse ist unvergleichlich. Im Jugendstilsalon der Konditorei Zauner gab es an diesem Nachmittag eine Aufführung des „Operettencafes“ mit „unvergessenen Melodien aus Operette und Musical“. Wir nahmen Platz an einem kleinen Tischchen ganz vorne. Bald kam die aufgedonnerte Soubrette Lisa Burger mit dem Salzkammergut Salonensemble und erfreute uns mit scheppernd gesungenen Melodien von Johann Strauss, über Zierer, Lehar, bis Zeller. Sie outrierte gewaltig. Bei einem beschwipsten Lied landete sie auf dem Schoss meines Mannes und busselte ihn heftig ab. Sehr zu meiner Belustigung war sein Gesicht danach total verschmiert vom knallroten Lippenstift der Soubrette.

© Ulrike Sammer 2020-09-29

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