von Gabriele Koubek
Aspern Nord ist die vorletzte Station der U2 in Richtung Seestadt.
Ich bin schon seit Stadlau fast allein in der U-Bahn aber in dieser Haltestelle bin ich richtig einsam. Niemand sonst will bei dieser Station ein- oder gar aussteigen. Die Ruhe genießend spaziere ich den Bahnsteig entlang und schon stehe ich vor einem der beiden riesigen Kunstwerken.
Zwei 60 Quadratmeter große Landkarten sind jeweils am Ende des Bahnsteiges angebracht. Der Künstler Stephan Huber erinnert mit diesen Wiener Karten an geschichtliche Ereignisse in Aspern.
Zweimal wurde schon in Aspern Weltgeschichte geschrieben.
Im Jahr 1809 erfuhren Napoleons Großmachtträume dort auf dem Schlachtfeld ihre erste Niederlage und 1912 wurde das Flugfeld Aspern eröffnet. Es war damals der größte und modernste Flughafen Europas.
Mit diesen beiden Schlüsseljahren setzte sich Huber bei dem Projekt „Aspern Affairs“ auseinander.
Auf den Karten verknüpfte Huber diese beiden Ereignisse mit der Geschichte Wiens des frühen 19. und 20. Jahrhunderts. Es ist eine Vermischung von historischer Genauigkeit und subjektiver Deutung wobei sich Ernst und Ironie abwechseln.
Eine Vielfalt von Texten überziehen die Karten. Poetische Beschreibungen, sowie politische, philosophische oder literarische Bezeichnungen sind zu lesen. Zeitgleichheit ist hier nicht vorgesehen. Fiktion und Reales wird vermischt.
Um auch nur annähernd verstehen zu können was auf dieser Karte alles verzeichnet ist, braucht man einen eigenen Reiseführer und viel Zeit. Schon bald ergebe ich mich meiner Unwissenheit und betrachte die künstlerische Installation als Ganzes mit einigen Metern Abstand. Aus dieser Perspektive verschwinden die vielen Details und ich erkenne das alte Wien an der schönen blauen Donau.
An den Glasoberlichten des Bahnsteigs befinden sich bunte, beschriftete Streifen von Stephan Huber. Ausgewählte Personen der Geschichte erscheinen in Form von „Lebenslinien“ mit ihrem Geburts- und Sterbedatum. Weltberühmtheiten stehen hier neben heute fast vergessenen Namen.
So ganz nebenbei dient dieses Kunstwerk auch als Vogelschutz.
Stephan Huber wurde 1952 in Lindenberg im Allgäu geboren. Er lebt und arbeitet in München und im Allgäu.
Es ist eine Reise durch die Wiener Geschichte, die uns hier der Künstler anbietet.
© Gabriele Koubek 2024-01-17