Der Schlaf … Ist Kontrollverlust. Ich versuche ihn zu vermeiden, um den Druck nicht zu verlieren. Den Druck, der mich am Leben hält. Lebe ich in der Nacht? Vielleicht ist da doch die Furcht vor dem Tod, Furcht vor dem Unbekannten. Ich werde nicht umhinkommen ihm zu begegnen. Eines Tages… Ich bringe mich um. Um den Schlaf, der mich am Leben halten müsste. All das nur, um meine Träume nicht zu verpassen, die ich mir abends in den vorbereiteten Schlaf lege und über die ich das Schlafen vergesse.
Der Schlaf … Ist nichts als Träumerei. Doch wer ist schon zu alt zum träumen? Ich werfe mir meine Gedankenlosigkeit vor und warte auf ein Abenteuer. Sollte man im Schlaf nicht alles vergessen, während sich tief im Kopf bekannte Bilder stapeln und Tag und Nacht mit einer Schicht aus Wonne überlagern bis alles süß und fremd erscheint? Bis Regentage sonnig und Sonnentage regnerisch in der Erinnerung blühen? Bis nichts mehr wahr ist? Stattdessen halte ich die Gedanken offen, Augen zu, nur wo beginnen?
Schlaf … Ist unmöglich, wenn man versucht die Träume zu planen, die einen nächtens plagen sollen. Und sollte man nicht den Tag gelebt haben, um friedlich, traumlos einzuschlummern und den neuen Tag wieder leben zu können? So stellt sich heraus: Ich bin ein Skelett. Ein Skelett aus Träumen. Die meisten vergessen. Wenn man den Tag nicht gelebt hat, dann muss man es in den Träumen nachholen. Das ist mein Geheimnis. Hinter geschlossenen Lidern spielt sich, bei guter Planung, ein Schauspiel von unbekannter Größe, voll Wahnsinn und Fantasie ab.
Der Schlaf … Ist eine Sucht. Für mich, die dort ins Unvorstellbare reist. Und doch … Zu viel geträumt seit meiner Kindheit, vielleicht? Mir scheint als würde sich das Unvorstellbare wiederholen. So versuche ich das Alte zu umgehen und Neues zu entdecken, doch die Zeit, die Zeit rennt mir in der Dunkelheit davon! Dorthin, wo ich sie nicht einfangen kann. Und ehe ich ein neues Gedankenflöckchen erhasche, stehe ich vor dem Morgen.
Zu meinem Erstaunen wache ich auf. Ohne Traum. Erschöpft vom nicht träumen. Mein Vogelgezwitscher vor dem Fenster besteht aus Hupen und Bohrmaschinen, während ich regungslos in der stehenden Luft verharre. Das war es nicht! Morgen muss ich wieder echte Träume leben, denn auf die im Schlaf ist kein verlass.
© Clara Johanna Dettinger-Klemm 2020-09-29