Nächtliche Schatten

Letzte Nacht waren sie seit langem mal wieder da. Die Schatten, die es nur nachts gibt.

Es war ein harter Tag gewesen, und ich hätte wissen können, dass sie sich anschleichen würden, in einem Moment, wo ich allein sein würde, umfangen von Dunkelheit, ungeschützt.

Ich weiß nicht, wie ich sie nennen soll, die in der Nacht ihre großen Schatten über mein Bett werfen und mir die Luft zum Atmen nehmen, weil auf einmal ein großes Gewicht auf meiner Brust liegt. Daher sind sie einfach nur die nächtlichen Schatten, bis ich ihnen irgendwann einen Namen geben kann.

Aber ich weiß, wie ich mich vor ihnen verstecken kann. Ich krieche unter die Bettdecke, schlage sie rund um mich ein, auch um den Kopf, sodass kein bisschen mehr von mir herausschaut und habe sofort ein Gefühl von Schutz, Stille und Wärme. Ich bin weg. Nichts kann mich erreichen. Wohltuende Dunkelheit als Mittel gegen die Schatten. Könnte ich doch nur für immer hier so liegen bleiben.

Aber ich muss wieder auftauchen. Kann nur hoffen, dass die Schatten weg sind und ich wieder frei atmen kann. Es wäre so schön, einfach schlafen zu können, tief und traumlos um ausgeruht am Morgen aufzuwachen. Aber wenn die Schatten kommen, ist, wenn überhaupt, mit einem unruhigen Schlaf zu rechnen und aufwühlenden Träumen. Sie mischen sich ein, in meine Nacht, gnadenlos.

Wäre ich nicht so müde, so blockiert, könnte ich einfach aufstehen. Licht anmachen, hell in jedem Zimmer, und die Schatten wären verscheucht. Jedes Mal, wenn die Schatten da waren, nehme ich mir das für das nächste Mal vor. Und jedes Mal, wenn die Schatten wiederkommen, saugen sie alle Kraft aus mir und ich kann mich nicht rühren, nur verkriechen.

Heute, ich habe irgendwie in den Tag gefunden, ist es hell und kein Schatten weit und breit zu sehen. Aber ich kann sie noch spüren. Spüre ihr Gewicht. Ihre Dunkelheit.

Niemand außer mir sieht sie, und keiner sieht sie mir an. Nach außen leuchte ich hell, denn die Schatten können sich gut verstecken. Sie sind in mir, um mir irgendwann wieder aufzulauern, wenn ich nicht genug auf mich aufgepasst habe.