von Sabine Doods
Wir kommen nackt auf diese Welt, werden gewaschen, abgetrocknet und sogleich angezogen. Während es in meiner Kindheit noch ganz normal war, dass Babys nackig herumliefen und ebenso schwimmen gingen, bekleiden wir nun unsere Kinder mit Schwimmwindeln, Badehosen und Bikinitops. Das Handyzeitalter und die Möglichkeit, überall und jederzeit Fotos und Videos zu machen und in weiterer Folge zu teilen, hat uns vorsichtig werden lassen.
In sozialen Medien werden wir von nackten und halbnackten Körpern überflutet. Die Kronenzeitung hält an ihrer Seite 3 Nacktschönheit fest und die Werbung suggeriert uns, dass wenig bis keine Kleidung mehr Umsatz bedeutet.
Unsere Jugendlichen werden mittels Internetpornografie aufgeklärt, während wir uns noch Hilfe suchend an Dr. Sommer und das Bravoteam wandten. Und während nackte Körper einerseits nur einen Mausklick entfernt auf uns warten, und uns so vieles versprechen, verhüllen wir unser Inneres immer mehr, während wir uns in den Ausschnitt blicken lassen.
Denn ein nackter Körper ist eben genau nur das. Ein nackter Körper. Nicht mehr, und nicht weniger. Er kann ästhetisch und schön sein, oder unspektakulär. Oder aber auch hässlich. Unsere Hülle sagt aber nichts über unser Inneres aus. Die schönsten Menschen können innen hohl sein, und die hässlichsten Körper können die reinsten Seelen beherbergen. Wir werden angezogen von schönen Menschen. Schöne Menschen haben es oft leichter im Leben, sie bekommen die besseren Jobs, finden leichter einen Partner. Sind beliebt, werden geliebt, verehrt und begehrt.
“Don´t jugde a book by its cover”, meinte schon Frank`n Furter in der Rocky Horror Picture Show. Beurteile jemanden nicht bloß nach seinem Aussehen. Oft ist der erste Eindruck entscheidend, aber wir alle haben schon erlebt, dass sich Menschen verändern, wenn wir sie kennenlernen. Wir nehmen ihr Äußeres dann weniger wahr, und verbinden uns eher mit ihren inneren Werten. Und dann finden wir vielleicht Schönheit dort, die von außen unsichtbar war.
Wir kommen nackt auf diese Welt, und wenn wir sie verlassen, können wir ebenso nichts mitnehmen. Man wird uns zwar unsere schönsten Kleider anziehen, aber diese werden irgendwann zerfallen, falls sie nicht schon vorher verbrannt wurden, und ebenso wird es unserem Körper gehen. Schönheit ist vergänglich, was bleibt, ist nur unsere Essenz.
© Sabine Doods 2021-08-11