von Sarah Pankow
Ich sprinte über den feuchten Waldboden, vorbei an majestätischen Bäumen. Wie ein Reh springe ich über ihre Wurzeln. Die Luft ist frisch. Es riecht nach Leben. Und ich spüre es in mir. Ich fühle mich energiegeladen und frei. Doch plötzlich bleibe ich stehen. Eine Stimme, ich kann nicht genau sagen, ob sie von innen oder außen kommt, flüstert mir zu innezuhalten. Ich stehe vor einem Fluss, dessen leicht rötlich gefärbtes Wasser sanft rauschend an mir vorbeifließt. Bestimmt, sich seines Weges bewusst, und doch entspannt. Ohne Eile, ohne Kampf. Er stört sich nicht an Hindernissen, sondern umfließt sie elegant. An diesem Fluss setze ich mich nieder und meditiere. Als ich in meinen Körper zurückkomme, weiß ich nicht, wie viele Minuten oder Stunden vergangen sind. Es ist ein einschneidendes Erlebnis. Danach ist irgendwie alles anders. Obwohl ich eigentlich nach diversen Affären genug von Männern hatte, treffe ich eine Woche später die Liebe meines Lebens. Gemeinsam ziehen wir nach Dubai. Ich bin hin- und hergerissen zwischen der Verzauberung durch die Glanz- und Glamourwelt und meiner Sehnsucht nach einem einfacheren Leben, zwischen meinem wachsenden Wunsch nach einer eigenen Familie und meinem unstillbaren Fernweh. Meine Bindungsangst bleibt hartnäckig und ich ziehe immer wieder los. Reise durch Mittelamerika, Israel, Deutschland, den Mittleren Osten. Am liebsten alleine auf und mit Pacha Mama, aber auch mit meinen Geschwistern und mit meinem Partner Javier. Die Beziehung zu ihm ist von Höhen und Tiefen geprägt. Ich werde mit meinen inneren Dämonen konfrontiert und streife eine Maske nach der anderen ab. Ich mache mich seelisch nackt, zeige mein Wesen frei, authentisch, echt, ungehobelt, unverschleiert. Zum ersten Mal, auch mir selbst. Es ist gut, aber nicht leicht. Dieses Abstreifen meiner selbst erschaffenen Maske, hinter der ich mich so schön verstecken konnte, tut weh. Mir helfen Gespräche mit Freunden. Interessanterweise alles Männerfreundschaften. Mit Javier. Mit meinem Bruder. Es sind tiefe Gespräche. Aber es gibt auch viele Auseinandersetzungen. Ich entscheide mich, alles hinzuschmeißen. Doch das Leben hat andere Pläne für mich. Ich erkranke an Krebs. Der Kampf geht weiter. Erst als in meinem Körper neues Leben heranwächst, lerne ich Frieden zu schließen. Ich höre auf, gegen mich selbst zu kämpfen und lerne Hingabe. Als ich Mateo Yuma in meinen Armen halte, verstehe ich, dass ich nur heilen kann, wenn ich in Liebe bin. Und er lehrt mich, in Liebe zu sein, in unendlicher bedingungsloser Liebe.
Von dieser Geschichte handelt mein erster Roman „Raw Café“. Ich habe ihn vor genau einem Jahr am 22.05.2020 veröffentlicht.
Foto von Designecologist auf unsplash
© Sarah Pankow 2021-05-22