von lavoce
Nun bin ich in einem Alter angelangt, in dem sich altersbedingte, unerwünschte Nebenerscheinungen beinahe minütlich multiplizieren. Körperliche wie geistige. Wobei ich vor Letzteren noch länger gefeit war.
Neuerdings scheint es, als würden sich meine leicht angegrauten, verkalkten Gehirnzellen mit meinem Körper einen Wettkampf im Abbau liefern. Als Schiedsrichter schwer zu sagen, wer derzeit die Nase vorne hat.
Mein Oberstübchen fährt seit Neuestem harte Geschütze auf, um den Body zu überbieten. Wissen verschwindet. Einfach so. Durch unsichtbare Löcher. Auf magische Weise. Zurück bleibt ein Vakuum. Also nichts. Nada. Niente.
Aber mein Gehirn wäre nicht mein Gehirn, wenn es nicht besonders gefinkelt (man kann es auch blöd nennen) wäre. Es zaubert Wissen nicht für immer weg, sondern lässt es wieder erscheinen. Nicht immer. Und vor allem nicht, wenn erwünscht. Zu unpassendster Zeit sind sie wieder da, die Namen, die verschollen geglaubten. Da sitzt du gelangweilt am stillen Örtchen und jäh tauchen sie auf, aus der Kloschüssel, um direkt in dein Denkzentrum zu wandern. Du hörst dich schreien: „Jessas, jetzt waß i wieda wie de haßt!“ Doppelt erleichtert verlässt du dein Ideenhäusl.
Aber auch in der Nacht leben deine Gehirnwindungen ihre verhaltenskreative Phase traumhaft aus. Kaum die Äuglein geschlossen, schießen hunderte Geistesblitze gleichzeitig durch deinen Denkapparat, der nun blitzgescheit sekündlich Namen ausspuckt. Nun ist es aber so, dass sich mein Körper nicht so schnell aus der horizontalen Ruhe bringen lässt, weshalb die Namen mangels nächtlicher Niederschrift bis zum Morgen wieder brav in den Untiefen des Oberstübchenvakuums verschwinden. In der Früh gilt: Und bin so klug als wie zuvor …
Es folgt der unvermeidbare Gang zum Häusl als Retter in der WissensNOTdurft.
© lavoce 2022-05-17