Naturschönheit oder Unkraut?

Oh, hätte ich dich doch nicht gegoogelt. So viel Mist, der über dich erzählt wird. Dabei wollte ich eine Ode an dich verfassen.

Du bist wunderschön. Deine leuchtend blauen Blütenblätter funkeln mir entgegen. Vor vielen Jahren bekam ich eine Fotografie von dir. Ein Studienkollege hat dich fotografiert und mir dein Bild zum Geburtstag geschenkt. Centaurea Cyanus. Die Kornblume in Großaufnahme. Schon damals habe ich mich viel mit Ackerpflanzen beschäftigt. Es ist kein Geheimnis. In der Landwirtschaft bist du nicht immer gern gesehen. Trotzdem, ich gebe es zu, ich habe von dir geschwärmt. Immer wieder bist du mir aufgefallen. Immer wieder erzählte ich von deinen schönen Blütenblättern. Deshalb das Geschenk. Jedenfalls steht seither dein Bild dort, wo ich eben gerade wohne.

Im Sommer erfreust du mich als lebendiges Wesen. Du, Centaurea cyanus bist ein Farbtupfer in der, gar nicht so bunten, Sommerlandschaft. Die Kornblume. Eine wunderschöne sanfte Farbenpracht im Getreidefeld. Die Schönheit der Natur, die dem Menschen so oft ein Dorn im Auge ist. Vielfach wurdest du bekämpft. Doch aufgegeben hast du nie. Zum Glück können wir dich bewundern. Die Schönheit der Natur ist für alle da. Die Kunst liegt darin, hinzusehen und sich einfach zu freuen.

Blau gefärbt ist deine Büte, durch die Farbstoffe Anthocyanidin und Cyanidin. Weil die Blütenblätter im Sonnenlicht fluoreszieren, deswegen sieht man dich schon von Weitem. Deswegen fällst du so auf. Die blaue Blume hat es nicht nur mir angetan. Warst du das Vorbild für Novalis? Vielleicht das Symbol der Romantik. Das Symbol für Sehnsucht, Liebe und Unendlichkeit.

Dann lese ich also von deinen Schattenseiten. Für die du nichts kannst. Und doch, schwingt ein bitterer Beigeschmack mit. Die Kornblume sei das Symbol der illegalen Nationalsozialisten. Die Ode an dich kann ich nun nicht mehr für sich stehen lassen. Zuviel Wirbel gab es um dich in der Vergangenheit. Da hilft es nichts, dass der FPÖ-Politiker Norbert Hofer gesagt hat, man könne dich mit gutem Gewissen tragen. Auf die Idee dich zu tragen, komme ich bestimmt nicht.

Doch dein Bild wird bei mir stehen. So wie die letzten acht, neun Jahre. Schlummerst du jetzt auch noch im Boden, im Sommer werde ich dich in natura bewundern. Es ist gut zu wissen, dass du für miese Zwecke missbraucht wurdest. Für mich bist du trotzdem wunderschön. Viel mehr als ein Unkraut.