von MariposaLoren
Es ist bereits 12.30 Uhr und ich habe die letzte halbe Stunde damit verbracht im Zimmer auf und ab zu tigern, bin gefühlt 10 Mal auf die Toilette gegangen und habe die aktuelle Seite des Romans bestimmt 3x von vorne angefangen zu lesen. Endlich, es klopft und eine ältere Frau wird auf einem Bett ins Zimmer geschoben und vorsichtig abgestellt. Sie ist noch ganz benommen von der Narkose. Sie hat die Operation bereits hinter sich. Wie es ihr wohl ergangen ist? Wie geht es ihr jetzt? Schmerzen scheint sie keine zu haben. Gleich werde ich geholt werden. Artig lege ich mich aufs Bett und decke mich zu. Mir ist plötzlich ganz kalt. Eine ältere Krankenschwester mit grünem Kajal unter den Augen beginnt mich aus dem Zimmer in den Gang zum Aufzug zu schieben. Ich finde ihren Kajal mutig, er schaut toll aus. Trotzdem traue ich mich nicht ihr ein Kompliment auszusprechen. Mein Mund fühlt sich plötzlich wie zugeklebt an. Im Vor-Operationssaal soll ich Bett wechseln. Ich krabble schüchtern und ungeschützt über eine kalte Metallplatte auf das OP-Bett. Ich versuche mein Kleidchen am Rücken fest zusammenzuhalten. Graziös ist was anderes, aber egal. Um mir über meine mangelnde Gelenkigkeit Sorgen zu machen, fehlen mir die Nerven. Ich lege mich auf die Trage. Plötzlich spüre ich wie mein Atem schneller wird, ich versuche mich an die tiefe Yogaatmung zu erinnern: tief ein und tief aus. Ein Mann (Chirurg? Anästhesist? Krankenpfleger?) redet mich an, will meinen Namen wissen. Dann scherzt er weiter mit seinem Kollegen, irgendwas von einer Flasche Wein zu Feierabend wird gefaselt. Ohhh, einen schweren Rotwein, das hätte ich jetzt… Da werde ich schon ins nächste Vorbereitungszimmer geschleust. Plötzlich beginnt mein Körper zu zittern, ich spüre an den Augenlidern eine eigenartige nasse Kälte. Eine freundliche Krankenschwester beugt sich über mich, sie versucht mich zu beruhigen und gibt mir ein Tuch. Da bemerke ich, dass ich weine. Ich habe plötzlich keine Kontrolle mehr über meinen Körper. Ich schaffe es nicht mehr mich zu beruhigen. Je mehr ich es versuche, desto schneller und unkontrolliert wird mein Atem. Rückblickend werde ich wissen, dass ich eine Panikattacke erlebt habe. Eine Krankenschwester spricht mich an. Wie ich heiße, möchte sie wissen. Ich schaffe es nicht ihr auf die x-te Frage nach meinem Namen zu antworten. Ich murmle etwas vor mich hin, doch nicht einmal ich selbst verstehe, was ich sagen möchte. Ich werde in den Operationssaal geschoben. Es wirkt alles so klein und steril. Irgendwie anders als ich es von den zahlreichen Ärzteserien kenne. Im Saal herrscht rege Bewegung, grün angekleidete Menschen mit Masken und Kopftüchern wieseln herum, richten Dinge her, klappern und säubern Gerätschaften. Da spüre ich eine warme wohltuende Flüssigkeit langsam von meinem rechten Arm sich über die Schulter zur linken Seite ausbreitend. Ich konzentriere mich darauf. Möchte mich der wohltuenden Empfindung hingeben bis sie sich im ganzen Kö…
© MariposaLoren 2021-07-14