Neurographic Art

Der frisch aufgebrühte Kräutertee steht dampfend auf dem Tisch. Im Hintergrund klingt leise „Una Mattina“ von Ludovico Einaudi. Zart und beruhigend umfangen mich die Töne. Vor mir ein weißes Blatt Papier und ein schwarzer Fineliner.
Ich setze den Stift an, und beginne langsam, wellige Linien über den Zeichenblock zu malen. Ohne Nachzudenken wandert meine Hand von links nach rechts, und es entstehen schwarze, mäandernde Schlangenlinien, die mal parallel zueinander laufen, mal nach oben, mal nach unten driften, und sich auch kreuzen. Mein Gefühl zeigt mir, wann ich damit aufhöre. Anschließend runde ich die Stellen ab, an denen sich meine verschlungenen Wellen getroffen haben. Alles soll im Fluss sein, organisch. Die eckigen Kanten werden zu weichen Wölbungen, ganz harmonisch. Ich merke, wie ich ganz in mein Tun versinke. Gedanken, die dabei aufkommen, nehme ich wahr, halte mich aber nicht daran fest. Ideen oder Erkenntnisse, die in mir aufploppen, halte ich auf einem Zettel fest, damit ich sie nicht vergesse.
Ich betrachte mein „Werk“ und finde immer wieder Stellen, die abgerundet werden wollen, oder an denen ich noch Wellen oder Kreise einfügen möchte. Die harmonische Struktur, die dabei entsteht, fasziniert mich. Ich kann es nicht genau benennen, aber tief in mir lösen diese Formen etwas aus. Auf angenehme und zufriedenstellende Weise. Ich spüre in mich hinein und genieße dieses Gefühl.
Jetzt greife ich zu Buntstiften, und beginne, die Kreise, Wellen und Rundungen mit Farbe auszufüllen. Dabei lasse ich mich wieder von meiner Intuition leiten und denke nicht groß nach, welche Stellen ich mit welcher Farbe ausmale.

Nach Rund eineinhalb Stunden ist mein Tee ausgetrunken, die CD längst zu Ende und mein Bild fertig. Ich bin überrascht, wie schnell die Zeit vergangen ist, und wie entspannt ich mich fühle.

…

Von dieser Art zu zeichnen las ich vor einigen Tagen in einer Zeitschrift. Ich wurde neugierig und habe mir auf YouTube einige Videos dazu angeschaut. Dies war mein erster, aber mit Sicherheit nicht letzter Versuch des neurographischen Zeichnens.