Nicht ganz dicht?

Du, Liebes, ich bin etwas irritiert. Dass Du immer gleich mich verdächtigst … Zum Beispiel, wenn irgendwo ein Flankerl Staub oder ein Stückerl Schmutz es wagt, Dein Blickfeld zu trüben, sich vor Dir aufzuputzen, die Wohnung zu verschmutzen. Oder wenn ein gerade dem dampfenden Geschirrspüler entsprungenes Glas stolz seine Schlieren und Schatten präsentiert. Oder letzte Nacht, als Du kurz nach mir lautlos den Gang zum ebenso stillen Örtchen antrittst und auf der erleichterten Rückreise ein trockenes „Da is’s nass.“ von Dir gibst – und mich dabei im Finsteren vorwurfsvoll funkelnd ansiehst.

Nein, ich war’s nicht. Weder hab ich Dreck in der Wohnung verschleudert, noch hab‘ ich mit schmutzigen Fingern den Geschirrspüler ausgeräumt, und schon gar nicht hab ich gelassen Wasser gelassen, wo man das besser bleiben lässt.

Doch selbst meine Beteuerungen überzeugen Dich nicht restlos, nein, Du brauchst Beweise. Da Du allerdings auch die anzweifeltest, kämen sie von mir, so richt’ ich’s derart ein, dass Du sie selber findest. Und folgerichtig kriegst Du den Schuldigen schnell zu fassen, den Wasserlasser, den Bodenbenässer.

Du weißt zwar nun, dass nicht ich auf den Boden gep… , nicht ich das Lackerl aufs Parkett gepfützt habe – doch irritiert bin ich weiterhin. Du stellst den Schuldigen unter Kuratel? Ernsthaft? Unter Beobachtung? Und mit ihm gleich auch seine ganze Verwandtschaft? Glaubst Du, die hängen da mit drin? Gilt bei Dir echt Sippenhaftung? Nur weil eine dieser Flaschen nicht dicht gehalten hat und etwas ausgelassen war?

Hast Du tatsächlich achtzehn Flaschen Mineralwasser zur Beobachtung unter die Dusche geschickt? Nur weil eine sich erdreistete, Wasser zu lassen, dem Quell des Lebens die Freiheit zu schenken? Nur weil eine aus dem Gebinde ihr Gewinde überwand?

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Ach, Liebling, das ist eine knifflige Frage. Eine Wasserlacke im Schlafzimmer wirft natürlich Fragen auf. Es war dunkel und ich schon mehr im Halbschlaf als wach, aber ich war mir sicher, dass wir weder über ein Jacuzzi im Schlafzimmer, noch über ein Biotop im Vorzimmer verfügen. Da es nicht geregnet hat, erschien es mir unwahrscheinlich, dass es von der Decke tropft, und dass ein Wasserrohr geysirmäßig von unten hinauf spritzt, habe ich auch ausgeschlossen.

Da du vor mir den Weg ins Bad angetreten hast, hatte ich einen ersten Verdächtigen auf meiner Liste. Ich habe mich gefragt, warum dir die Lacke nicht aufgefallen ist. Du weißt, ich schätze deine Fähigkeiten, und ich trau dir alles zu, aber nicht, dass du übers Wasser gehen kannst – noch dazu ohne deine Füße nass zu machen.

Es gab also nur eine Möglichkeit: Du hast sie bemerkt, aber nichts gesagt, da du dafür verantwortlich warst. Und es musste etwas sein, das dir unangenehm ist.

Nie und nimmer dachte ich, dass du nicht ganz dicht bist … ich habe vielmehr vermutet, dass du geweint hast, weil du so ein Glück mit mir hast!

Aber ich gestehe, ich war erleichtert, dass es der Flaschenturm hinter der Tür war.