Nicht gesagte Worte und verpasste Chancen

Daniel Stockhausen

von Daniel Stockhausen

Story

Meine Gedanken der Zuversicht ertrinken. Das Meer meiner Angst verschluckt die Buchstaben, die meine Wörter formen. Jeder böse Gedanke, jede Welle der Reue, spült sie am Meer meiner Angst, wie Sandkörner davon. Es nimmt sie, und verschluckt das, was ich sagen will. Das, was gesagt werden muss. All das verliert sich in einem tiefen Strudel aus Wörtern, die nicht wissen, wo ihr Platz ist. Einem Gewässer der Reue, der nicht gesagten Worte. 

Mit jedem falschen Gedanken verliere ich meine Kreativität. Ich verliere die Wörter, die meine Geschichten formen, ich verliere mich. Und schlimmer noch: Ich weiß nicht, was ich sagen, schreiben oder denken soll. Alles Unausgesprochene liegt in den tiefen Gewässern meiner Ängste. Alles, was ich in wichtigen Momenten hätten sagen sollen – verloren, aber nicht vergessen. Ich denke jeden Tag an die letzte Umarmung meines Vaters. An das verlorene „Hab dich lieb“, bevor er starb. An das „Ich vermisse dich“, als ich das letzte Mal mit der Frau sprach, die ich liebe. 

Gott erbarme, ich habe große Furcht vor dem Moment, in dem all das hochkommt. Die Wörter, die Chancen waren und die ich nie gesagt habe. Wenn das Meer meiner Angst all das über meine innere Landschaft spült. Wie ein Tsunami aus verpassten Chancen, alles mitreißt. Eine Welle der Reue. Ein Wasserfall aus Tränen. Ich stehe am Ufer. Hinter mir die Grabstätte aller Chancen – die Liebe, die fort ist, und das „Hab dich lieb”, bei der letzten Umarmung meines Vaters. Vor mir liegt die endlose See der Angst. Das wenige Land unter meinen Füßen ist mein Halt, und dort sind meine Hoffnungen begraben.

Windböen umhüllen meinen Körper mit kalter Gänsehaut. Am Horizont erkenne ich eine Flotte des Zweifels, die schwarze Wolken wie Flaggen hinter sich herziehen. Wie eine Meute aus Piraten, die scharf auf das bisschen Hoffnung sind, die ich noch habe. Die in mir vergraben ist. Ein Sturm zieht auf und ich ertrinke im Meer meiner eigenen Angst. Die Welt über mir verschwimmt zu einem wirren Gemälde aus Licht und Schatten, während ich tiefer in das dunkle, unbarmherzige Blau gezogen werde. Die Zeit scheint stillzustehen, während ich in diesem unendlichen Moment gefangen bin. Gedanken und Erinnerungen flackern durch mein Bewusstsein. Wörter der Hoffnung, die hätten gesagt werden müssen. Wörter des Hasses, die das Meer meiner Angst, anstelle von Liebe hätte füllen sollen. So zumindest hätte es mich nicht verschlungen, in seiner kraftvollen Tiefe aus Reue. Ich habe das stille Gewässer in mir zu einem Feind gemacht. Wie Plastik in der See, so zerstört es meine Welt – Zweifel, Angst und Reue. 

© Daniel Stockhausen 2024-09-06

Genres
Spiritualität
Stimmung
Reflective