von Jana Puschmann
So viele Gründe, warum ich es lassen sollte. So viele Gefahren, die lauern. So tief der Abgrund, in den ich mit Sicherheit falle. So hart der Aufprall, wenn es endet.
Und doch ist da Adrenalin, Risikobereitschaft, ein Drang, es zu tun, es zu wagen, das Risiko einzugehen.
Alles, was verboten ist, klingt verlockend, schmeckt süß, duftet verführerisch, prickelt auf der Haut.
Und dieser eine Ort ist mein Paradiesapfel. Wunderschön anzusehen, knackig von außen und innen drin ein unvergleichlicher Duft. Fast unbeschreiblich, so einzigartig. Nirgendwo sonst gibt es so einen Ort für mich.
Noch sind es drei Schritte. Noch ist es ein Atemzug. Ein Pulsschlag. Noch habe ich es nicht gewagt, stehe in Sicherheit, lasse Verbotenes noch Verbotenes sein. Doch der Wille in mir lässt sich nicht länger betäuben. Zu stark. Zu mächtig. Nimmt überhand. Ich hebe mein rechtes Bein. Setze einen Fuß auf den Boden. Meine Knie sind zittrig. Wackelpudding. Ich habe Angst. Angst, was passiert, wenn ich die Grenze zum Verbotenen überschritten habe. Wenn es nur noch Zentimeter sind. Millimeter. Fast nichts.
Mein Verstand heißt mich, umzudrehen. Die Richtung zu wechseln. Es sein zu lassen. Vernünftig zu sein. Doch meine Füße bewegen sich wie von selbst.
Und dann ist es passiert. Der letzte Schritt aus dem Sicheren ins Unsichere. Aus dem Bekannten ins Unbekannte. Mein Herz galoppiert. Meine Augen sind verzückt. Mein Mund leicht geöffnet. Meine Hände beben. Immer noch Wackelpudding in den Beinen.
Schließlich wage ich es und falle.
Ich falle in deine Arme, werde von dir aufgefangen und bin gerettet. Nur für den Moment, denn du gehörst ja noch nicht zu mir. Aber dieser Moment ist es wert. Die Glücksgefühle schlagen Purzelbäume. Du schmeckst nach Zitrusfrüchten und auch ein wenig nach frisch gebrühtem Kaffee. Deine Hände an meinem Gesicht sind leicht rau und doch so sanft. Deine Augen, die sich in meinen verlieren, machen mich ganz verlegen. Am Schlimmsten jedoch ist es mit deiner Stimme. Sie fährt über meine nackte Haut wie Schmirgelpapier, lässt mich frösteln, fängt mich ein. Ich weiß, du musst nur ein Wort sagen und ich schmelze dahin.
Als wir uns irgendwann voneinander lösen, holt mich die Realität ein. Ich wage nicht zu träumen, dass du irgendwann an meine Seite gehörst. Ich wage nicht zu hoffen, dass du irgendwann mein Mann sein wirst. Ich spreche in Gedanken zu mir, dass ich selbst schuld bin, wenn ein fader Nachgeschmack bleibt. Vernünftig wäre gewesen, dich nie zu kosten. Denn einmal etwas so verboten Süßes probiert, lässt es sich nur schwer aus dem Kopf bekommen.
Andererseits – für diese Nacht klebt dein Geschmack auf meinen Lippen, hängt dein Geruch in meinen Klamotten, spüre ich deine Hände auf meinem Körper.
Egal wie tief der Abgrund, egal wie hoch das Risiko. Zu dir zu springen, war das Beste, was ich je getan habe.
Du warst mein verbotener Ort. Damals. Eine Versuchung.
Du bist mein sicheres Zuhause. Heute. Für immer.
© Jana Puschmann 2022-07-06