Noch eine Terrassengeschichte

Gabriele Leeb

von Gabriele Leeb

Story

Meinen entzundenen Ischiasnerv habe ich besiegt. Doch mein linkes Knie macht mir noch starke Probleme, obwohl, wenn ich in der Sonne sitze und die Beine ausgestreckt habe, dann spüre ich fast keinen Schmerz. Aber ich empfinde mit meinem Liebsten mit. Er hat Corona und fühlt sich schlecht und ich kann nicht bei ihm sein. Er leidet an seinen Symptomen und ich an meiner Hilflosigkeit.

Ich sitze wie so oft auf meiner Terrasse und lasse die Sonne in mein Herz und sie hat noch gewaltig viel Kraft und ich wünschte mir, sie könnte einen Kuss von mir zu dir senden. Einen goldenen Sonnenstrahl von meinem Herzen direkt in das Deine. 300 km lang und vollbepackt mit lauter Küssen. Jetzt werde ich auf meine alten Tage noch romantisch.

Die wunderbare Ruhe wird unterbrochen vom Rattern eines Rasenmähers. Eine Elster sitzt auf der Birke und keppelt herunter und ein Schmetterling setzt sich auf die letzte Rosenblüte und schlägt sanft mit seinen Flügeln. Simba läuft mit einer Maus im Maul daher und lässt sich unter dem Tisch neben mir nieder. Sie fällt ihm aus dem Maul und läuft davon und Simba hinterher. Mit seinen elf Jahren ist er noch fix unterwegs und ein sehr guter Jäger. Nun legt er sich in den Schatten ins hohe Gras und ich schaue ihn bewundernd zu. Was für ein prächtiger Kerl!

Ich blicke auf meine nackten Füße und denke mir, dass die Zehennägel auch wieder geschnitten werden müssen. Doch ich habe noch Probleme mit dem Hinunterbeugen. Irgendwann wird es schon klappen. Eine Spatzenschar tummelt sich auf der Wiese und Simba schaut ganz interessiert zu und hin und wieder fällt ein Blatt hinunter. Langsam und gemächlich. Zwei Wespen haben sich auf dem Sonnenschirm niedergelassen nebenan kräht der Hahn. Eine große, graue Wolke schiebt sich vor die Sonne. Alles ist so unaufgeregt, so natürlich und ich liebe diese Momente und ich bin wieder einmal dankbar, dass ich hier leben darf.

© Gabriele Leeb 2022-08-26