november 1989

Anita Mair

von Anita Mair

Story

ich arbeite. fleißig setze ich mich zur schreibmaschine und beginne daraufloszutippen. minimalen zeilenabstand habe ich gewählt, um möglichst viele buchstaben, wörter auf eine seite zu bringen. als ob mir so viel einfiele. in meinem kopf kreisen die gedanken, während ich schreibe, was ich als nächstes schreiben werde und ich versuche immer wieder die mögliche aufkeimende beklemmende situation, die dadurch entsteht, daß mir vielleicht nichts mehr einfallen könnte, einfach ausgedrückt, der gedankenstrom könnte abreißen und ich stünde vor einem michts, vor einer großen leere, einem großen schwarzen loch. und also schaue ich in dieses große schwarze loch, ob ich irgendetwas entdecken könnte aber meine augen entziehen sich jeder referenz, sie sind absolut nicht imstande, mir auch nur irgendetwas konstruktives zu berichten, nichts außer ein paar tippfehlern mache ich, in bedrängnis geraten, weil ich geschrieben habe, was ich mir in meinem kopf ausgedacht habe. keine groß- und kleinschreibung im deutschen denke ich immer wieder und gleichzeitig kreisen meine gedanken um thomas bernhard, der wohl in dieser art geschrieben haben muß. allerdings bewundere ich seine ausdauer, denn um soviel zu schreiben wie er bedarf es einer ganz gehörigen ausdauer und willenskraft. was ich bewundere an seiner schreiberei ist dieses kreisförmige schreiben, das kein ende kennt, das immer kontinuierlich weiterläuft, wo kein bruch zu verzeichnen ist und die vielfältige sprache. und trotz seiner vielen negationen ist es ein urpositibes schreiben, ein kraftvoller akt, weil der gedankenstrom nicht versiegt und er seine gedanken ohne aufzuhören bringt, er läßt den leser nicht im stich, ja man könnte fast abhängig werden, wenn man nachher nicht wirklich ganz bewußt anfinge, wieder eigene gedanken zu schaffen. thomas bernhard kann eine droge sein. man braucht dann nicht mehr zu denken, kann sich seiner sprachmelodie hingeben und auf ewige zeiten lesen, bis man alle seine werke gelesen hat, und sie nochmal lesen, so lange, bis man stirbt. oder vielleicht hört man früher schon auf, weil man aufs klo muß oder weil man hunger bekommt und beschließt, in diesem fall eben, das buch zur seite zu legen und doch auch wieder eigenständige gedanken zu entwickeln.

© Anita Mair 2021-05-05

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