von Rebekka_Bischof
Deine Finger strichen über das offensichtlich bestgestaltete Cover des Buches. Wieso nur, gingen die besten Menschen immer zuerst? Tränen liefen deine Wangen hinunter und du musstest aufpassen, dass sie nicht auf das beschriebene Papier fielen. Gerne hättest du noch manches Wort zu ihr gesagt, ihr gesagt was für ein toller Mensch sie gewesen war. Doch nun konntest du ihr nie wieder etwas sagen.
Bei eurer letzten Begegnung im Krankenhaus hatte sie dich angelächelt. Dann hatte sie dir dieses Buch in die Hand gedrückt. Als du es aufgemacht hattest, war ein Kuvert herausgefallen. Mit krächzender stimme, hatte sie dir gesagt, du solltest es erst zu Hause öffnen. Du hattest es ihr versprochen und eine Weile lang hattet ihr einfach nur geredet. Irgendwann hatte sie deine Hand genommen und sie ganz festgedrückt, dabei murmelte sie, ganz leise, sodass nur du sie hören konntest: „Ich habe ganz furchtbare Angst!“, vermutlich hattest du entsetzt drein gesehen, doch du wusstest es nicht. Es war einfach traurig. Das Jara, die immer so stark und verschlossen gewesen war, dir sagte, dass sie Angst habe, war das letzte gewesen, womit du gerechnet hattest. In dem Moment hattest du nur ihre Hand noch ein bisschen fester gedrückt und gehaucht: „Das wird schon!“, mehr hattest du in dem Moment nicht sagen können, deine Stimme wäre gebrochen und hättest begonnen zu weinen, doch du hattest nicht weinen wollen. Du wolltest stark sein. Als du dich schließlich verabschiedet hattest, wusstest du nicht, dass dies ein Abschied für immer war. Das Jara heute vielleicht zum letzten Mal mit dir reden würde hattest du nicht gedacht. Am nächsten hattest du von Janas Schwester eine Nachricht bekommen, in der sie dir mitteilte, dass sie in der Nacht von uns gegangen sei. Einfach im Schlaf ohne schmerzen oder leiden, ganz friedlich, sie war eingeschlafen und nicht wieder aufgewacht.
Das Kuvert lag noch in deiner Tasche, du hattest nicht mehr daran gedacht. Nun hattest du es schnell aufgerissen und den kleinen weißen Zettel entfalten. Dort stand in ihrer Schrift:
Liebe Magda,
Wenn du diese Zeilen liest, werde ich vermutlich schon nicht mehr hier sein. Niemand will mir sagen, was ich längst weiß. Ich werde sterben. Das Buch, was ich dir gab, ist mein Tagebuch. Du warst meine beste Freundin, niemand hat es mehr verdient als du alles zu wissen. Wenn du es gelesen hast, sei mir bitte nicht böse. Du weißt ja, dass ich früher sagte, manchmal ich fühle mich wie ein Engel, ich bin da, doch niemand sieht mich. Jetzt werde ich wirklich bald ein Engel sein und niemand wird mich sehen, aber ich werde immer bei dir und den anderen sein. Danke für all die Jahre der Freundschaft. Sei wegen meines Todes nicht zu traurig, sonst weine ich, und wenn die Engel weinen, fallen die Tropfen nur so vom Himmel. Weißt du, die besten freunde finden dich und nicht du sie. Danke das du mich vor all den Jahren gefunden hast. Du warst einer meiner besten Freundinnen und wirst es auch immer bleiben.
Deine Jara
© Rebekka_Bischof 2023-04-14