von Gabriele Leeb
Amoklauf in Heidelberg an der Universität! Schlagzeilen in den Nachrichten: Vor Kriegsbeginn in der Ukraine, Omikron, Corona, Impfpflicht, Vulkanausbruch. Und ich denke nur an dich und den Sex mit dir!
Gabi, du bist oberflächlich, schimpfe ich mich selbst. Du hast genug zum Essen, du hast ein Dach über dem Kopf, ist das nicht genug? Andererseits kenne ich viele Leute in meiner Gegend, die nie mit mir tauschen würden. Ich höre oft, wir bewundern dich ,wie du das alles schaffst mit Philipp und deiner Mama. Nie Urlaub, hin und wieder zu wenig Unterstützung und einen Exmann, der nervt.
Trotzdem habe ich manches Mal ein schlechtes Gewissen, wenn ich mich nach Normalität, nach Liebe sehne. Sicher, er ist mein Sohn und ich liebe ihn. Aber ich bin Tag und Nacht angehängt. Er ist bei weitem nicht so anstrengend wie meine Mutter mit ihrer Todessehnsucht und ihrem Egoismus und ihrer so großen Unzufriedenheit. Und ich schaffe es auch immer wieder, positiv zu denken und kleine Auszeiten einzuplanen. Das Beste aus allem für mich herauszufiltern und Kraft daraus zu ziehen.
Doch ab und zu gibt es die Momente, wo ich einfach alles hinschmeißen möchte, im Bett bleiben möchte, einmal wieder bis neun Uhr schlafen, Liebe machen von morgens bis abends, kein Mittagessen kochen, keine Telefonate mit Behörden und Ärzten führen , ohne Pflichten und Aufgaben sein!
Das sind, Gott sei Dank, nur kurze Augenblicke. Mein Leben wäre wahrscheinlich nicht ausgefüllt? Langeweile würde mich überkommen und Unzufriedenheit. Meine Sehnsucht nach Harmonie würde Sprünge erhalten und meine Hilfsbereitschaft würde dahinsiechen.
Allerdings, die Träume vom kleinen Glück träume ich weiter und füttere sie mit kleinen Gesten und lieben Gedanken und schreibe sie nieder mit Worten in Geschichten und vielleicht auch bald in Büchern.
© Gabriele Leeb 2022-01-24