von Jarleen
Es ist ein ganz gewöhnlicher Tag. Die Sonne scheint durchs Fenster, ich stehe in der Küche, schneide Zwiebel und gehe im Gedanken durch, was ich noch einkaufen möchte. Alles easy.
Ich drehe mich um, mein Blick wandert durch die offenen Tür zu dir ins Wohnzimmer. Du sitzt auf der Couch, spielst am Tablet. Der Fernseher läuft im Hintergrund. Ich höre eine dieser Reality-Serien, Goldsucher, Storage Wars, … ich kann es nicht genau ausmachen. Ein Bild aus unserem Alltag.
„Brauchst du etwas, wenn ich morgen einkaufen fahre?“ Eine einfache Frage.
Die Antwort allerdings erschüttert mein Herz: „Ich brauche Liebe und Genuß“!
Nur eine Sekunde blicke ich dir ins Gesicht. Diese Sekunde reicht aus, um den Schmerz zu sehen, der sich in deinem Blick spiegelt.
Wie in Zeitlupe drehe ich mich um und schließe die Augen, unterdrücke das ziehen in meiner Brust und meinem Magen. Meine Lippen pressen aufeinander, meine Hand presst den Griff des Messers, will eine Faust machen und ich möchte dir so gerne antworten. Möchte dir sagen, dass ich dir diese Liebe nicht mehr geben kann. Dass es nicht deine Schuld ist, es an mir liegt. An meinem inneren Gefühl wieder einmal an diesem Punkt angelangt zu sein, wo ich mich verändern will, alleine sein will, sogar muss. Keinen Menschen neben mir haben möchte. Dass es nicht an dir liegt, da ich Platz habe, du mir Freiraum lässt, mein Leben schön ist und mir das doch zu wenig ist. Möchte dir sagen, dass du ein wunderbarer Mensch bist mit all deinen Stärken und Schwächen und es unfair ist, dich länger in dieser bereits spürbar zerrütteten Situation zu belassen. Ich weiss es. Du gehörst nicht zu den Menschen, der die Dinge anspricht. Du leidest lieber still in dich hinein. Ich hasse mich dafür, dass ich dir diese Last nicht schon längst von der Schulter genommen habe. Es ist nicht fair von mir, aber ich bin für diesen einen letzten Schritt noch nicht bereit. Will dir nicht weh tun. Als wenn das eine Rolle spielt, denn es schmerzt ja so oder so schon. Ich bin in meinem Leben schon mehrmals genau an diesem Punkt angekommen. Der Punkt, die Entscheidung zu treffen und den Schritt jetzt zu machen. Noch nie im Leben ist es mir so schwer gefallen wie bei dir. Liegt das am Alter? Ist es wirklich so, dass wir, wenn wir älter werden nicht mehr so entscheidungsstark sind? Ist da noch ein unsichtbares Band, das mich zurück hält?
Nur eine Sekunde blickte ich dir ins Gesicht, sah den Schmerz in deinem Blick.
Mein Mund öffnet sich und die Worte gleiten über meine Lippen: „Ich weiß…. es ist momentan schwierig“!
Dann ist die Sekunde vorbei, wieder ein Moment verstrichen, ohne weiteres Wort!
#1sommer1buch
#nurmeinleben
© Jarleen 2020-07-25