Was macht einen guten Menschen aus?
Gut zu sein wird oberflächlich propagiert, beispielsweise in Familienfilmen, Märchen, Lovesongs, Werbung, Romanen und v. m. Aber die Realität der meisten Menschen sieht anders aus. Kaum jemand sieht sich so vielen offenen und maskierten Anfeindungen ausgesetzt wie ein guter Mensch. Er oder sie wird verlacht, verkannt, gering geschätzt, verspottet, ausgenutzt, missbraucht, gedemütigt, übersehen, für selbstverständlich genommen und zum emotionalen Abfalleimer degradiert. Gutheit setzt man leider in vielen Fällen mit Schwäche, Dummheit, mangelndem Ehrgeiz oder Durchsetzungsvermögen, Angst, Passivität, Naivität und Abhängigkeit gleich. Oftmals böswillig und absichtlich.
Sogar im politischen Kontext wird der Versuch unternommen, gutes und korrektes Verhalten mit negativ konnotierten Begriffen wie “Gutmensch” zu untergraben. Dabei bin ich der festen Überzeugung, dass nichts mehr Mut, Selbstbewusstsein und Stärke erfordert, als ein guter Mensch zu sein. Dem eigenen inneren Kompass zu folgen und sich gänzlich von Güte, Freundlichkeit, Rechtschaffenheit, Herzlichkeit und Liebe leiten zu lassen ist keine Beschäftigung für Feiglinge und Egoisten. Feiglinge verstecken keine Flüchtlinge vor bewaffneten Monstern auf zwei Beinen. Egoisten teilen ihr Glück nicht mit anderen und rechtfertigen sich mit menschenverachtendem Sozialdarwinismus.
Weshalb das Prinzip des guten Menschen in unserer Ellbogengesellschaft so zwiespältig betrachtet wird? Da Gutheit zwar großen Wert hat, aber kein Preisschild. Eine Todsünde für die “Huren der Reichen”. Gute Menschen sind für Leute jenes Schlages im besten Fall Trittbretter zum eigenen Erfolg. Dabei braucht die Welt Güte genauso sehr wie Sauerstoff. Jede/r erlebt Zeiten der Schwäche, der Angst, der Trauer, der Überforderung und benötigt dann in der einen oder anderen Form Hilfe.
Wahrhaftig gute Menschen gehen das Risiko ein, sich zu verausgaben und Undank für ihre Mühen zu ernten. Manche verstehen das Prinzip der guten Tat auch nicht richtig und halten alles für eine Transaktion, einen Austausch, ein Geschäft. Man will ja nicht zu kurz kommen. Andere behaupten, sich Güte “nicht leisten” zu können, obwohl oft ein Lächeln, ein nettes Wort oder eine anteilnehmende Geste vollauf genügen würden, einem schrecklichen Tag etwas Süße zu verleihen. Man stelle sich einmal vor, was allein der Verzicht auf Gehässigkeit, Schadenfreude, Gleichgültigkeit, Habsucht, Arroganz und Egoismus für eine großartige Welt zur Folge hätte!
Es heißt, wir seien nur so gut, wie die Umstände uns erlauben zu sein. Aber im Laufe der Zeit haben Menschen immer wieder das Gegenteil bewiesen. Jesus, Oskar Schindler, Konfuzius, Bertha von Suttner, Astrid Lindgren und Florence Nightingale sind lediglich einige Beispiele.
Ich schließe meine Überlegungen mit einem hoffnungsvollen Zitat von Peter Rosegger: “Gute Menschen sind ansteckend!”
© Magdalena Markovic 2022-05-16