Offene Ehe und freie Liebe

Ulrike Puckmayr-Pfeifer

von Ulrike Puckmayr-Pfeifer

Story

Ihr Eheleben wurde zu einem Dauerschmerz. Sie wollte nur noch weg, raus aus dieser zerstörerischen Beziehung.

Nicht einfach. Sie lebten in einer Eigentumswohnung, die ihnen gemeinsam gehörte. Sie hatten zwei Kinder, die liebende Eltern brauchten.

Sie besuchte einen Therapeuten. Mit seiner Unterstützung erarbeitete sie einen Plan, wie sie sich aus dieser symbiotischen Beziehung befreien könnte. Dass sie in diese schmerzliche, ausweglose Situation gekommen war, hatte mit ihrer Kindheit zu tun. Mit ihrer Mutter hatte sie eine enge symbiotische Beziehung, in der sie sich selber nicht spüren konnte. Sie war ihre einzige Tochter. Mit einer umklammernden, erstickenden Liebe hielt sie ihre Tochter gefangen und betrachtete sie als einen Teil ihrer selbst.

Mit 20 lernte sie ihren Mann kennen. Sie fühlte sich geliebt. Durch die Kraft seiner Liebe gelang es ihr, sich von ihrer Mutter ein Stück loszulösen. Die erste Zeit war schön und heilsam für sie. Berührungen, Körperkontakt, stundenlang Haut an Haut im Bett liegend, Sex, Zuwendung pur. Er war 30 und hatte schon 10 Frauen vor ihr. Er erzählte es ihr am zweiten Tag, nachdem sie sich auf einer Party in ihrem Studentinnenheim näher gekommen waren. Sie genoss einfach seine Zärtlichkeit und körperliche seelische Zuwendung und dachte kaum an die Zukunft. Als sie, bedingt durch eine Erkrankung seinerseits, zwei Monate getrennt waren, lernte sie andere Männer kennen. In einen verliebte sie sich. Er sagte ihr, er könne nicht treu sein. Deshalb sah sie keine Zukunft mit ihm. Sie wollte einen treuen Mann, einen Mann ganz für sich allein. Ihr Freund kam zurück und er widmete sich ihr mit seiner ganzen Aufmerksamkeit. Sie hielt ihn für einen treuen Mann, dessen Herz nur für sie schlägt. Sie quälte das schlechte Gewissen, weil sie während seiner Abwesenheit Kontakt zu anderen Männern gehabt hatte. Irgendwann beichtete sie ihm alles. Er war geschockt, verletzt, traurig. Schuldbewusst beschloss sie, sich von keinem anderen Mann mehr berühren zu lassen. Jahre lang hielt sie sich streng daran, bis sie eines Tages merkte, er nahm es nicht so genau und entdeckte ihn eines Tages auf einer kleinen Party in ihrer Wohnung küssend mit einer anderen Frau. Eheszenen ließen sich nicht vermeiden. Dann kam der Vorschlag, eine freie Ehe zu führen. Nach anfänglichen dramatischen Szenen, wo auch Gewalt im Spiel war, lebten sie einige Jahre in dieser Beziehungsform: gebunden und doch frei für andere PartnerInnen. Das Gute war, sie hat in dieser Zeit viele Männer kennengelernt, die sie in einer geschlossenen Partnerschaft nie kennengelernt hätte. Sie war also durchaus ambivalent. Trotzdem war ihr tiefster Herzenswunsch, einen nur sie liebenden Mann an ihrer Seite zu haben und mit ihm das Leben zu genießen. Eine Traumvorstellung, übernommen von den zahlreichen Liebesfilmen, die sie in jungen Jahren gesehen hatte.

Ihr Mann zog aus der gemeinsamen Wohnung aus. Zu einem Freund. Die Scheidung geplant.

© Ulrike Puckmayr-Pfeifer 2021-01-01

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